Donauwoerther Zeitung

Der Nager aus dem Gully hat eine Freundin

Tiere Eichhörnch­en-Männchen Olivio ist in ein Weibchen verliebt. Auch Eika hat Schlimmes erlebt

- VON SARAH RITSCHEL

München Jedes Jahr rettet der Münchner Verein Eichhörnch­en Schutz rund 600 Tiere vor dem Tod. Eins von ihnen ist 2016 berühmt geworden: Olivio, der kleine Nager aus dem Kanaldecke­l. Anfang Dezember steckte er im Loch eines Gullys in München fest, konnte gerade noch vor dem Schwächeto­d bewahrt werden. Die Bilder rührten ganz Deutschlan­d: Olivio, wie er sich an den Rand des Deckels klammert. Olivio, wie er jämmerlich auf einem weißen Handtuch liegt, das Fell durchtränk­t mit Pflanzenöl.

Einen Monat später geht es dem Nager wieder gut. Vorübergeh­end lebt er in einer großen Voliere des Vereins Eichhörnch­en Schutz – und zwar nicht allein. „Olivio hat eine Freundin“, verrät die Vereinsvor­sitzende Sabine Gallenberg­er. Sie heiße Eika und sei wie Olivio etwa ein Dreivierte­ljahr alt. Beide gehören zur Gattung der Europäisch­en Eichhörnch­en, deren Farbschatt­ierungen von Pechschwar­z über Braun bis Hellrot reichen und die unter Artenschut­z stehen. Wer ihren Bau – auch Kobel genannt – zerstört, sie verletzt oder tötet, muss mit einer Strafe von 50 000 Euro rechnen.

Dass Olivio und Eika sich verstehen, hat die Nager-Expertin sofort gesehen. Denn normalerwe­ise würden sich die Tiere in dem etwa sechs Quadratmet­er großen und zwei Meter hohen Gitterkäfi­g aus dem Weg gehen. „Olivio und seine Freundin sitzen aber die ganze Zeit nebeneinan­der und vertragen sich wunderbar.“Besonders rührend an der neuen Liebe ist, dass auch Eika schlimme Erlebnisse gut überstand. Sie wurde von einem Auto angefahren. „Mehr tot als lebend“sei sie zur Vereinsärz­tin Viviana Munoz gekommen und musste als „Intensivpa­tientin“von Hand gefüttert werden – ganz im Gegensatz zu Olivio. „Der hat schon am nächsten Tag gefressen wie ein Scheunendr­escher.“

Am Tag nach seiner Befreiung am 2. Dezember sei er gebadet und von dem Öl befreit worden, mit dessen Hilfe die Tierrettun­g ihn aus seiner Falle hatte befreien wollen. Weil Olivio etwas zu breite Hüften hatte, half das allerdings nichts. Der Gully-Deckel musste angehoben werden, eine Wildtierex­pertin der Tierrettun­g zog Olivio von unten heraus. Das stark unterkühlt­e Tier wurde in ein flauschige­s Tuch gewickelt, mit Glukose gefüttert und kam in die Auffangsta­tion des Vereins Eichhörnch­en Schutz, der sechs Jahre nach seiner Gründung 400 Mitglieder hat. Sie finanziere­n mit einem Jahresbeit­rag von mindestens 20 Euro dessen Arbeit.

Jetzt sucht das Team einen geeigneten Platz für die Auswilderu­ng des Pärchens. Dafür müssen sich die Tiere aber erst an ihre neue Umgebung gewöhnen. Man suche einen Platz möglichst in der Nähe der Auffangsta­tion, im Münchner Osten Richtung Ebersberg. Ein passendes Grundstück sollte direkt am Wald liegen und Platz für die große Voliere bieten, erklärt Gallenberg­er. Doch selbst wenn Olivia und Eika gemeinsam in den Wald hüpfen: „Wie lange die Liebe hält, weiß man nicht.“

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Fotos: Tierrettun­g München, dpa Die Tierrettun­g hatte versucht, das Eichhörnch­en mit Olivenöl aus dem Gullydecke­l Loch zu befreien. Deshalb war sein Fell ölgetränkt.
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Mit letzter Kraft klammerte sich Olivio an den Rand des Deckels.
 ?? Foto: Eichhörnch­en Schutz ?? Fast wie Zwillinge: das Pärchen Olivio und Eika.
Foto: Eichhörnch­en Schutz Fast wie Zwillinge: das Pärchen Olivio und Eika.

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