Gerlands weise Worte
Es gibt Konstanten im Leben. Die Sonne geht im Osten auf, die Tagesschau beginnt um 20 Uhr und Hermann Gerland ist Co-Trainer beim FC Bayern. Nur Katastrophen wahrhaft kosmischen Ausmaßes könnten daran etwas ändern.
Sollten sie in München irgendwann mal daran gedacht haben, an dieser Grundordnung zu rütteln, so haben sie sich nun eines Besseren besonnen. Hermann Gerland, zuletzt „nur“noch einer von drei CoTrainern beim FCB, ist mit sofortiger Wirkung zum „ersten Assistenten“befördert worden (siehe gesonderten Artikel auf dieser Seite).
Und das ist gut so. Denn im hyperventilierenden Showgeschäft Fußball-Bundesliga ist er der letzte Grundpfeiler, der für Bodenhaftung sorgt. Aber lassen wir Hermann Gerland in eigenen Worten über Hermann Gerland erzählen.
Dass er anders ist als der Rest, das ist ihm klar: „Ich bin schon fast ein Aussätziger. Nicht tätowiert, nicht gepierct, die Haare nicht gefärbt.“Wie so ein „Normalo“zum Spitznamen „Tiger“kommen konnte? Lapidare Antwort: „Ich habe als Verteidiger Angst und Schrecken verbreitet. Ich war ein Klopper.“
Welcher Fußballer ist heute zu solch unverblümter Einsicht bei der Beurteilung des eigenen Leistungsvermögens fähig? Wobei, sein Licht stellt Gerland damit nicht unter den Scheffel. Seiner handwerklichen Fähigkeiten ist er sich durchaus bewusst und teilt das auch stolz mit. Mehmet Scholl, ein Meister lockerer Sprüche, habe einst zu ihm gesagt: „Tiger, gegen dich hätte ich gerne gespielt.“Gerlands Replik: „Mehmet, hab’ ich gesagt, das kann ich mir nicht vorstellen. Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, dass irgendeiner gerne gegen mich gespielt hat.“
Gerne unter Gerlands Anleitung trainiert haben dagegen viele. Talente entdecken, Talente fördern – das ist seine große Stärke.
Und er ist einer, der jungen Millionären abseits des Fußballfeldes etwas über das Leben im Allgemeinen und Geld im Speziellen berichten kann: „Ich erzähle ihnen, dass ich zwölf Jahre Profi und zehn Jahre Trainer war, bis ich mir einen Porsche geleistet habe – einen gebrauchten. Meine Spieler kommen gerade aus der Jugend und fahren ein Auto für 60000 Euro. Ich sage ihnen: Gönne ich euch. Aber bedenkt, dass ihr höchstens 15 Jahre als Fußballer gut verdient. Also legt das Geld erst mal zur Seite. Glaubt mir, ich kenne ehemalige Profis, die vom Sozialamt leben.“Die Reaktion auf solche Vorträge? „Da kommt nichts an. Aber ich habe es zumindest versucht.“
Und er wird es weiter versuchen. Eine der Konstanten im Leben.