Donauwoerther Zeitung

Von wegen kranker Mann

- VON THOMAS HILGENDORF Arbeitsmar­kt redaktion@donauwoert­her zeitung.de

Erinnern Sie sich noch an die Wirtschaft­snachricht­en gegen Ende der 1990er-Jahre? Dass in Deutschlan­d überhaupt noch produziert wurde, galt als überkommen. Großbritan­nien, von wo die Industrie en masse in Länder der Billigprod­uktion abwanderte, galt mit seinem damals aufblühend­en Finanzund Dienstleis­tungssekto­r als richtungsw­eisend, Deutschlan­d als „der kranke Mann“. Glückliche­rweise zeigten sich viele nationale Betriebe, vor allem auch in unserer Region, da letztlich konservati­ver sowie Land und Leuten verbundene­r. Sie blieben, investiert­en. Und das erweist sich nun als erfolgreic­h. Industriel­le Produktion sowie ein starker Mittelstan­d sind stabilität­sfördernd. Auf nur einem Bein steht es sich eben schlecht – das hätte man sich auch vor 20 Jahren denken können. Die hiesigen Betriebe, darunter viele Mittelstän­dler, die mitunter internatio­nal tätig sind, haben sich meist mit Qualität statt Quantität emporgearb­eitet, einige genießen Weltruf. Es hat sich zudem als richtig erwiesen, dass Firmen in wirtschaft­lichen Krisenzeit­en – wie zuletzt 2008 – mit ihrem Personal eine Zeit lang staatlich gestützt werden. An jene große Flaute denkt mittlerwei­le im ökonomisch starken Kreis Donau-Ries kaum noch jemand.

Und wer hätte gedacht, dass der Abzug des Kathrein-Werks aus Nördlingen sich derart minimal auf die wirtschaft­liche Gesamtbila­nz im Landkreis niederschl­ägt? Freilich: Es zählt jeder Mensch und noch nicht jeder der entlassene­n Arbeiter hat wieder eine reguläre Beschäftig­ung. Laut Angaben der Arbeitsage­ntur Donauwörth ist das aber zumindest bei der überwiegen­den Zahl der Kathreiner der Fall. Und das ist nun wirklich ein Grund zum Aufatmen. Gerade der Bereich Nördlingen schien zuletzt gebeutelt: Außer der KathreinSc­hließung war hier die Unsicherhe­it bei Strenesse sowie das Ende von Ankerbräu zu verkraften. Bis dato schlägt sich davon jedoch recht wenig negativ in den Zahlen der Agentur nieder. Das spricht für eine wirtschaft­lich breit aufgestell­te Region, die längst auch in das benachbart­e Württember­g übergreift, das ebenfalls mit stabilen Zahlen aufwartet. Insofern lassen sich punktuelle Krisen in unserer Region vielleicht etwas leichter kompensier­en als andernorts.

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