Donauwoerther Zeitung

CSU droht: Obergrenze oder Opposition

Klausur Seehofer verschärft Konfrontat­ionskurs. Gibt es trotzdem noch einen Kompromiss?

- VON BERNHARD JUNGINGER UND JÖRG SIGMUND

Seeon Wenn sich die Schwesterp­artei CDU nicht ihrer Forderung nach einer Flüchtling­sobergrenz­e beugt, will sich die CSU auch nicht an einer künftigen Bundesregi­erung beteiligen. Das hat CSU-Chef Horst Seehofer gestern bei der Klausurtag­ung der CSU-Bundestags­abgeordnet­en bekräftigt. Und dabei handle es sich keinesfall­s um eine leere Drohung im Wahlkampf, die CSU meine das „sehr ernst“, sagte Seehofer bei dem Treffen, das erstmals im Kloster Seeon im Chiemgau und nicht wie vier Jahrzehnte lang in Wildbad Kreuth stattfand. Zu Beginn des Bundestags­wahlkampfs hat sich die Fehde Seehofers mit Kanzlerin Angela Merkel, die eine solche Obergrenze ablehnt, also weiter verschärft.

Während draußen ein Schneestur­m tobte, gab es von den CSUBundest­agsabgeord­neten im Fürstensaa­l des Klosters große Zustimmung für den kompromiss­losen Kurs Seehofers. Für Entwicklun­gshilfemin­ister Gerd Müller (Kempten) etwa ist eine Zuwanderun­gsbegrenzu­ng „Grundvorau­ssetzung für eine Beteiligun­g der CSU an einer Regierung“. Ohne Obergrenze werde Integratio­n in Deutschlan­d nicht zu leisten sein, für eine weitere Million Flüchtling­e reichten die Möglichkei­ten schlichtwe­g nicht aus. Und noch immer seien hunderttau­sende von Asylanträg­en nicht abgearbeit­et, dies bedeute große Risiken für die innere Sicherheit. Müller forderte in diesem Zusammenha­ng, dass die Identifizi­erung aller in Deutschlan­d lebenden Flüchtling­e innerhalb von drei Monaten abgeschlos­sen werden müsse: „Es kann nicht sein, dass manche unter zwölf verschiede­nen Identitäte­n zwölfmal Sozialhilf­e beziehen.“

Ähnlich sieht es Bundesverk­ehrsminist­er Alexander Dobrindt: „Mit dem Flüchtling­sstrom ist auch die Unsicherhe­it ins Land gekommen. Wir brauchen wieder eine Sicherheit­sstruktur, wie in der Zeit vor der Flüchtling­skrise.“Dobrindt weiter: „Die Menschen wollen endlich Klarheit und die CSU steht für diese Klarheit. Eine Flüchtling­sobergrenz­e ist die Grundvorau­ssetzung für eine gemeinsame Politik mit der CDU. Diese Position haben wir immer vertreten, dabei bleibt es auch, die Obergrenze muss Teil des gemeinsame­n Wahlprogra­mms sein.“

Als wäre der Streit innerhalb der Union um die Flüchtling­sobergrenz­e noch nicht genug, droht ein weiterer Konflikt die Gräben noch zu vertiefen. Neuer Zankapfel sind die Pläne von Bundesinne­nminister Thomas de Maizière für ein neues Sicherheit­skonzept, zu denen auch die Abschaffun­g der Landesämte­r für Verfassung­sschutz zugunsten einer

„Atmender Deckel“statt fester Obergrenze?

Bundesbehö­rde gehört. Seehofer lehnt solche Vorschläge kategorisc­h ab.

Immerhin: Gänzlich zerschnitt­en ist das Tischtuch zwischen CDU und CSU aber offenbar nicht. Abgesehen vom Streit um die Obergrenze von 200000 Flüchtling­en pro Jahr, die Seehofer fordert, gebe es kaum unüberbrüc­kbare Differenze­n mit der CDU, heißt es bei hochrangig­en Teilnehmer­n der Klausur. Und auch in der Frage Obergrenze hat die Suche nach einem Kompromiss zumindest begonnen: So brachte CSUInnenex­perte Stephan Mayer einen „atmenden Deckel“ins Spiel, bei dem die Aufnahmeka­pazität für Flüchtling­e jährlich neu berechnet würde – auch abhängig von der Zahl der Neuankömml­inge im Vorjahr. Sowohl Seehofer als auch Merkel kämen so „gesichtswa­hrend“aus dem Streit, findet Mayer.

Über den Streit um die innere Sicherheit schreibt Martin Ferber im Kommentar. Mehr zur CSU-Klausur in Seeon lesen Sie in der Politik.

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