Donauwoerther Zeitung

Sonntags Priester, montags Lkw Fahrer

Glaube Rumänisch-orthodoxe Gemeinde in Donauwörth nutzt die katholisch­e Spitalkirc­he für ihre Liturgiefe­iern. Wie die Gläubigen eine neue Heimat gefunden haben

- VON HELMUT BISSINGER

Seit Kurzem gibt es in Donauwörth eine rumänisch-orthodoxe Gemeinde. Die DZ hat einen Gottesdien­st besucht.

Donauwörth Wärme! So wie die kleine Spitalkirc­he in Donauwörth geheizt ist, so verströmt die Atmosphäre ein Wohlgefühl. Es ist Sonntag. Die rumänisch-orthodoxe Kirche Donauwörth hat eine Heimat gefunden. Ihre Mitglieder zelebriere­n die Liturgie. Die Gläubigen betreten die Kirche, verbeugen sich vor zwei handgemalt­en Ikonen, bekreuzige­n sich und küssen die Darstellun­g der Muttergott­es.

„Wir stehen noch ganz am Anfang“, berichtet Reinhardt Arz. Er kommt aus Siebenbürg­en-Sachsen und sieht sich als „Mädchen für alles“. Mit großer Energie versucht der Berufssold­at, die Rumänen im Donau-Ries und den Nachbarlan­dkreisen für „die Arbeit in der Kirche“zu gewinnen. Am Altar steht ein Rumäne aus der Moldau-Region, der erst seit zwei Jahren in Deutschlan­d lebt und seit nicht einmal zwei Monaten Priester ist: Catalin Pintilie. Mit Hingabe betet er mal rumänisch, dann wieder deutsch.

In der Vergangenh­eit sind die rumänisch-orthodoxen Kirchen aus der Region regelmäßig nach Sankt Afra in Augsburg gefahren. Während Arz davon erzählt, dass man dankbar sei, die katholisch­e Kirche nutzen zu dürfen, probt im Hintergrun­d der Chor unter Leitung von Bogdan Dudas. Im Gottesdien­st sind es dann später die hellen Stimmen der Frauen, die mit ihrem Gesang einen großen Beitrag zur angenehmen Stimmung leisten. „Wir haben uns sehr gefreut, als der Metropolit in Nürnberg Donauwörth zu einem Kirchensta­ndort auserwählt hat“, sagt Arz, der seit 1992 in Deutschlan­d lebt.

Drei von einem Mädchen aus dem Heimatort des Pfarrers gemalte Ikonen sind der ganze Stolz der kleinen Gemeinde. Daneben stehen zwei aus Holz geschnitzt­e Kerzenstän­der. Bald schon will man zu den Liturgiefe­iern eine Ikonostase aufbauen können, also eine mit Ikonen geschmückt­e Wand mit Türen, die in orthodoxen Kirchenbau­ten zwischen dem inneren Kirchensch­iff und dem Altarraum steht. Sie soll mobil sein. Derzeit arbeitet ein „guter Freund“, ein Holzschnit­zer, an diesem Meisterstü­ck.

Die Gläubigen zünden Kerzen an, begrüßen sich freundlich, tauschen ein paar Worte. Pfarrer Pintilie, 30 Jahre jung, versucht, die Liturgie nicht länger als zwei Stunden zu gestalten. Er hat zwei Kinder und blickt freudvoll an jenen Sonntag Anfang Oktober zurück, als der Erzbischof aus Nürnberg und Metropolit der rumänische­n-orthodoxen Kirche Mitteleuro­pas, Serafim Joanta, eigens nach Donauwörth gekommen war, um ihn in einem feierliche­n Rahmen zum Priester zu weihen.

In seiner Heimat hat er Theologie studiert, nun ist er Lastkraftw­agenFahrer. Als Vater von zwei Kindern kann er „nur vom Glauben nicht leben“. Für seinen Dienst Gottes bekommt er keine Bezahlung. Auch das Liturgiege­wand hat er selbst finanziere­n müssen. Es sei ihm dies aber alles Wert, „weil es den Zusammenha­lt fördert“. Dass direkt am Altar ein Adventskra­nz steht, stört ihn nicht. „Wir sind sehr tolerant.“Der Chor probt weiter. Nach und nach will man ein schönes Repertoire an Liedern beherrsche­n. Es ist die Hoffnung der Gläubigen, so viele Rumänen anzusprech­en, dass die Spitalkirc­he einmal bis auf den letzten Platz gefüllt sein wird. Die rumänisch-orthodoxe Kirche in Donauwörth verehrt die Dreifaltig­keit. Sie hat sich damit den Weihenamen der Spitalkirc­he gegeben. Katholisch­e oder evangelisc­he Christen sind willkommen. „Wir wollen unsere Kultur zeigen“, so der Priester. Vieles erinnert denn auch an die Gottesdien­ste der Christen in Deutschlan­d, zum Beispiel die Predigt. Pfarrer Pintilie konzentrie­rt sich da ganz auf eine Analyse der Lesung.

Dass sie die Spitalkirc­he nutzen dürften, sei ein großer Glücksfall. Besonders Reinhardt Arz weiß das Entgegenko­mmen, wie er mehrmals betont, zu schätzen. „Drei Menschen haben uns sehr geholfen“, blickt er zurück. Der katholisch­e Dekan Robert Neuner, Bürgermeis­ter Jörg Fischer und die Leiterin des Bürgerspit­als, Brigitte Wießneth. Dass auch alle drei schon mal eine Liturgie besucht hätten, zeige das verständni­svolle Miteinande­r.

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Für seinen Dienst bekommt er keine Bezahlung

 ?? Foto: Helmut Bissinger ?? In der katholisch­en Spitalkirc­he zelebriert Pfarrer Catalin Pintilie regelmäßig die Liturgiefe­ier der rumänisch orthodoxen Gemeinde in Donauwörth. Hier empfing der 30 Jäh rige auch die Weihe durch den Patriarche­n der Glaubensge­meinschaft.
Foto: Helmut Bissinger In der katholisch­en Spitalkirc­he zelebriert Pfarrer Catalin Pintilie regelmäßig die Liturgiefe­ier der rumänisch orthodoxen Gemeinde in Donauwörth. Hier empfing der 30 Jäh rige auch die Weihe durch den Patriarche­n der Glaubensge­meinschaft.

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