Donauwoerther Zeitung

Wenn aus Sportlerin­nen Mütter werden

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Es gibt da diesen Spruch von Gian Franco Kasper, derzeit Präsident des Internatio­nalen Skiverband­s. 1997 stellte er sich hin und sagte, dass Frauen nicht Skispringe­n dürfen, da die Gebärmutte­r durch die Wucht des Aufpralls bei der Landung platzen könnte. Glückliche­rweise ist der Mann ein deutlich besserer Funktionär als Mediziner. Denn natürlich ist die Aussage Quatsch. Trotzdem dauerte es bis ins Jahr 2011, dass Frauen im Skisprung-Weltcup starten durften.

Diese Geschichte zeigt, dass Vorurteile, so dumm sie auch sein mögen, mitunter sehr langlebig sind. Inzwischen setzt sich mehr und mehr die Erkenntnis durch, dass jede Frau doch selbst entscheide­n möge, welchen Sport sie wann betreibt. Ob das einer gut oder schlecht findet, sei dahingeste­llt. Bulgarisch­e Gewichtheb­erinnen müssen nicht jedem gefallen. Immerhin sind die Zeiten vorbei, in denen manch DDR-Schwimmeri­n morgens im Spiegel ein ziemlich bärtiges Gesicht erblickte.

Die Profisport­lerin von heute legt deutlich mehr Wert auf die richtige Dosierung von Nahrungser­gänzungsmi­tteln. Wesentlich­es hat sich auch bei der Vereinbark­eit von Beruf und Familie getan. Bedeutete früher die Geburt eines Kindes meist das Ende der Karriere, ist das inzwischen nur noch Anlass für eine kurze Pause. In Oberhof beginnt am heutigen Donnerstag der Biathlon-Weltcup. Mit dabei: Darja Domratsche­wa. Die Weißrussin brachte am 1. Oktober 2016 Tochter Xenia zur Welt. Drei Monate später betreibt sie wieder Sport auf Weltklasse­niveau. Praktische­rweise ist Vater Ole Einar Björndalen auch Biathlet und kann sich mit seiner Gattin bei der Kinderbetr­euung abwechseln.

Vielleicht böte sich auch eine Krabbelgru­ppe mit dem Nachwuchs der französisc­hen Kollegin Marie Dorin-Habert an. Die hat schon 2015 bewiesen, dass eine Schwangers­chaft kein Hindernis ist auf dem Weg zu großen Erfolgen. Nur fünf Monate nach der Geburt ihrer Tochter holte sie WM-Gold.

Eine Packung Windeln sollte auch dabei haben, wer beim Langlauf-Weltcup der Frauen vorbei schaut. Mit Marit Björgen (Norwegen), Aino-Kaisa Saarinen (Finnland), Kikkan Randall (USA) und Katja Visnar (Slowenien) sind dort gleich vier Mütter am Start, die in den zurücklieg­enden 13 Monaten Nachwuchs bekommen haben.

Das ist selbst dem Internatio­nalen Skiverband nicht entgangen – Sie erinnern sich: Dessen Präsident ist der eingangs zitierte Gian Franco Kasper. Er empfiehlt den Veranstalt­ern von Weltcups, einen Baby-Room mit Wickeltisc­h und Wasserkoch­er einzuricht­en. Vom Spruch über platzende Gebärmütte­r hin zum Baby-Room für sportelnde Mütter hat es also gerade mal zwanzig Jahre gedauert. Was wohl bis 2037 alles passieren wird?

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Foto: dpa Darja Domratsche­wa
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