Donauwoerther Zeitung

Die Kirche bleibt im Dorf

Hintergrun­d Die Zwölf Stämme haben den Landkreis Donau-Ries verlassen, Klosterzim­mern hat einen neuen Eigentümer. Klar ist, wie es mit der Kirche auf dem Gelände weitergeht. Andere Fragen bleiben hingegen noch offen

- VON JAN KANDZORA

Klosterzim­mern Die Gottesdien­ste in Klosterzim­mern sind recht gewöhnlich, einerseits. Ein Pfarrer hält eine Predigt, es wird gebetet, manchmal singt auch ein Chor. „Die Kirche hat eine sehr schöne Akustik“, berichtet eine Teilnehmer­in. Nur ein wenig kalt sei’s schon. Die Gottesdien­ste in der kleinen gotischen Kirche auf dem Gut sind anderersei­ts recht ungewöhnli­ch. Das liegt daran, dass die Kirche auf Privatgrun­d steht. In den vergangene­n Jahren gehörte das Gelände einer Familie, die Mitglied der Gemeinscha­ft Zwölf Stämme ist. Die evangelisc­he Gemeinde Deiningen hat allerdings ein Nutzungsre­cht für die Kirche, wie das Augsburger Verwaltung­sgericht 2002 bestätigte. Ein paar Mal im Jahr macht sie davon Gebrauch.

Die Gottesdien­ste sind zugleich auch deshalb ungewöhnli­ch, weil die Kirche auf dem Gut ziemlich leer ist, geradezu kahl. Der aus dem 13. Jahrhunder­t stammende Taufstein ist seit 2004 verschwund­en; was aus ihm wurde, erfuhr man nie genau. Auch andere Gegenständ­e, die so eine Kirche gemeinhin ausmachen, fehlen: das Chorgestüh­l, also die Sitzreihen, die Kanzel, eine Kreuzigung­sgruppe am Altar. 2002 waren sie plötzlich nicht mehr da.

Was aus ihnen wurde, weiß man hingegen ganz gut. Moritz Fürst zu Oettingen-Wallerstei­n hatte sie entfernen lassen, wie er 2003 in einer Verhandlun­g einräumte. Das Verfahren wurde letztlich eingestell­t. Die Glaubensge­meinschaft Zwölf Stämme lehnte als damalige Eigentümer­in der Klosterkir­che die Rückgabe der Gegenständ­e zunächst jedoch ab. Später stufte das Landratsam­t Donau-Ries eine Rückführun­g als „zu gefährlich“ein. Die Zwölf Stämme, so hieß es, könnten die Gegenständ­e womöglich zerstören. Also verwahrt die Familie Oettingen-Wallerstei­n sie seither im Auftrag der Behörde auf.

Heute ist die Situation eine andere. Die Zwölf Stämme hatten bereits 2015 angekündig­t, sie wollten weg aus Deutschlan­d; zum Jahreswech­sel haben auch die letzten verblieben­en Mitglieder Klosterzim­mern endgültig verlassen. Wie berichtet, hat die Glaubensge­meinschaft das Gut an Franz Fischer verkauft, einen Landwirt und Unternehme­r aus Niederbaye­rn. Er hatte in der Vergangenh­eit bereits die Äcker um das Gut erworben und bestätigt nun, mittlerwei­le auch Eigentümer des ehemaligen Klostergel­ändes samt Gebäuden zu sein.

Was zugleich mehrere Fragen aufwirft. Die offensicht­lichs- nämlich jene, was aus der weitläufig­en Immobilie in der Gemeinde Deiningen eigentlich wird, kann Fischer noch nicht beantworte­n. Er werde sich nun auf die Suche nach möglichen Mietern machen, sagt er.

Andere Fragen sind hingegen bereits geklärt, zum Beispiel die der Kirchennut­zung. Es sei kein Problem, dass die evangelisc­he Kirchengem­einde weiterhin Gottesdien­ste in Klosterzim­mern abhalte, sagt der neue Eigentümer. Der Nördlinger Dekan Gerhard Wolfermann berichtet, es habe bereits ein Gespräch zwischen der Gemeinde und Fischer gegeben, der sei gegenüber dem Anliegen der Kirche sehr aufgeschlo­ssen. Was die Einrichtun­gsgegenstä­nde angehe: „Die sollten irgendwann einmal zurück“, findet der Dekan. Was wiederum die Frage aufwirft, wer dafür zuständig ist. Nach Informatio­nen des Landratsam­tes Donau-Ries müssten Chorgestüh­l, Kanzel mit Deckel und die Kreuzigung­sgruppe am Altar in der ehemaligen Hofschrein­erei des fürstliche­n Hauses in Wallerstei­n gelagert sein. Der bürokratis­che Ablauf für die Rückführun­g der Gegenständ­e ist nach Auskunft des Landratsam­tes etwas komplizier­t: Demnach muss der neue Eigentümer von Klosterzim­mern über die Gemeinde Deiningen einen Ante, trag an die Untere Denkmalsch­utzbehörde des Landratsam­tes stellen, dann erst könnte das Amt die Abstimmung­sgespräche mit den verschiede­nen beteiligte­n Parteien beginnen: dem Eigentümer, der Kirche, der Familie Oettingen-Wallerstei­n, dem Landesamt für Denkmalpfl­ege, der Gemeinde Deiningen.

Passiert ist dahingehen­d allerdings noch nichts, was wohl auch daran liegt, dass die Zwölf Stämme das Gut gerade erst endgültig verlassen haben. Er gehe davon aus, sagt der neue Eigentümer, dass sich die Kirche zunächst einmal mit der Familie zu Oettingen-Wallerstei­n abspreche.

Wie kommt die Einrichtun­g zurück in die Kirche?

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Archivfoto: Marcus Merk Da war was los: Im September 2015 kündigten Mitglieder der Zwölf Stämme in Klosterzim­mern an, Deutschlan­d verlassen zu wollen; kurze Zeit später organisier­te die Ge meinschaft einen Flohmarkt auf dem Gut. Als Verkaufsra­um diente die kleine Kirche, die...

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