Frau schießt auf zwei Männer
Gewalt Eine 34-Jährige zielt aus dem fahrenden Auto mit einer Schreckschusspistole in Nördlingen auf zwei Männer. Bei der Tat handelt es sich offenbar um einen Racheakt. Die Polizei hat Zweifel an der Darstellung der Frau
Nördlingen/Donauwörth Am Tag danach parkt das Auto unscheinbar an einem Straßenrand im Wemdinger Viertel. Hinter den beiden Vordersitzen liegen wild verstreut Einkaufstüten und Unterlagen, dazu diverse Nudelfertiggerichte. Etwas unordentlich schaut der Innenraum aus, aber wirklich auffällig ist an dem dunkelblauen Kleinwagen nichts. Keine 24 Stunden zuvor war er Teil einer Straftat, die an ein sogenanntes „Drive-by“erinnert: das gezielte Schießen aus dem fahrenden Auto.
Es gibt Städte, da ist das nichts wirklich Außergewöhnliches mehr. Chicago etwa. Anders verhält es sich, wenn so etwas mitten im Nördlinger Gewerbegebiet passiert.
Die Tat vom Dienstagmittag erinnert zumindest an ein solches „Drive-by“. Eine 34-Jährige hatte aus ihrem Auto heraus mit einer Schreckschusspistole auf zwei Asylbewerber geschossen. Die Angriffe ereigneten sich rund um die Asylbewerberunterkunft am Reuthebogen.
Nach Angaben der Polizei feuerte die Nördlingerin gegen 13 Uhr gezielt auf zwei Männer. Sie verwendete dabei eine in Deutschland nicht zugelassene Waffe, die sie offenbar im Ausland erworben hatte. Laut Polizeiangaben soll sie Reizgas verschossen, aber „täuschend echt“ausgesehen haben. Die beiden Asylbewerber, ein 21-Jähriger sowie ein 33-Jähriger, blieben unverletzt. Bei der Tat war die Frau offenbar unter Drogeneinfluss. Ein Drogentest vor Ort ergab laut Polizei ein positives Ergebnis. Eine Blutuntersuchung soll genauere Aufschlüsse geben.
Dem Anschein nach handelt es sich um einen Racheakt. Gegenüber der Polizei äußerte die Frau den Vorwurf, von einem Asylbewerber aus der Unterkunft mit K.-o.-Tropfen betäubt und sexuell belästigt worden zu sein. Walter Beck, Leiter der Nördlinger Polizeiinspektion, spricht von „fragwürdigen“und „wenig glaubwürdigen“Schilderungen. Um den Vorwürfen nachzugehen, wurde die Kripo Dillingen eingeschaltet. Unklar ist, welche Beziehung die 34-Jährige möglicherweise zu einem Bewohner des Asylbewerberheims hatte. Gegenüber unserer Zeitung beteuern einige der Männer, dass es keinen näheren Kontakt zu der Frau gab. Einigen sei sie bis Dienstag völlig fremd gewesen.
Einer von ihnen habe sie im Sommer kennengelernt und immer mal wieder mit ihr gechattet, erzählt der Mann auf Englisch. Seit einigen Tagen habe sie sich jedoch merkwürdig verhalten. Er zeigt Handynachrichten, in denen die Frau ihn wegen des vermeintlichen Übergriffes beschimpft und ihm droht. Am Dienstagmittag setzte sie ihre Ankündigungen offenbar in die Tat um. Zunächst habe sie vor der Unterkunft durch das heruntergelassene Autofenster auf den 33-Jährigen geschossen, schildern die Männer. Anschließend sei sie weiter gefahren in Richtung der Firma Glas Trösch.
Dort traf sie auf den 21-Jährigen, gegen den der zweite Schuss gerichtet war. „Die Frau ist sehr schnell und sehr aggressiv gefahren“, erzählt der Mann, der laut eigenen Angaben seit vier Monaten in Nördlingen lebt.
Mit wütendem Gesichtsausdruck habe sie gerufen: „Ich bringe dich um.“Nach dem zweiten Schuss sei sie erneut zur Asylbewerberunterkunft gefahren und habe dort die Waffe als Drohung aus dem Autofenster gehalten. Die Männer seien in großer Angst gewesen, erzählen sie. Erst als die inzwischen alarmierte Polizei eintraf, flüchtete die Frau mit ihrem Kleinwagen. Nach Angaben einer Anwohnerin war es eine rote Ampel im Buchenweg, an der zwei Polizeistreifen die Frau stellen und festnehmen konnten. „Es waren Szenen wie aus einem Krimi“, sagt sie. Die Beamten durchsuchten anschließend das Auto. Im Fahrzeuginneren fanden sie neben der Pistole auch zwei Messer.
Die 34-Jährige wurde in das Donauwörther Bezirkskrankenhaus eingewiesen. Gegen sie gibt es nun Ermittlungen wegen des Verdachts auf mehrere Straftaten: Versuchte gefährliche Körperverletzung, Bedrohung, Verstoß gegen das Waffengesetz sowie Fahren unter Drogeneinfluss.
Die Unterkunft im ehemaligen Verwaltungsgebäude der Stadtwerke ist nach Angaben des Landratsamtes in Donauwörth seit Mai 2016 vom Landkreis angemietet. Seit Ende August ist sie bewohnt. Laut Landratsamt sind derzeit 17 der 22 Plätze mit Männern aus fünf afrikanischen Nationen belegt.