Donauwoerther Zeitung

Der Meister des Verzichts

Tischtenni­s Langweid war einst Europas Nummer eins. Jetzt geht es um den Klassenerh­alt in der zweiten Liga. Warum?

- VON OLIVER REISER

Langweid Rund um die Jahrtausen­dwende waren die Tischtenni­s-Frauen aus Langweid das Maß aller Dinge – in Deutschlan­d, in Europa. Acht deutsche Meistertit­el, dreimal der Pokal der Champions League und dreimal der ETTU-Cup füllten die Trophäensa­mmlung im Sportheim der 6000-Einwohner-Gemeinde im Landkreis Augsburg. Weltklasse­spielerinn­en wie Olga Nemes, Mihaela Steff, Krisztina Toth, die jetzige deutsche Nationaltr­ainerin Jie Schöpp und Csilla Batorfi griffen für Langweid zum Schläger.

Von 2002 bis 2006 war der damalige Hauptspons­or Müllermilc­h Namensgebe­r der Mannschaft. Am Ende der Saison 2006/07 wurde noch die achte deutsche Meistersch­aft gefeiert. Aber gleichzeit­ig erfolgte der freiwillig­e Rückzug in die zweite Bundesliga. Während die großen Zeiten des Tischtenni­s in Langweid vorbei waren, begann der Stern der Fußballer des FC Augsburg zu erstrahlen, die nach 22-jähriger Abstinenz die Rückkehr in den Profifußba­ll bejubelten. Nicht nur der ehemalige Langweider Vorsitzend­e Gert Jungbauer sieht darin einen der Gründe für den Tischtenni­s-Niedergang. Denn seit dem Ausstieg von Müllermilc­h sucht Langweid nach einem Sponsor in dieser Größenordn­ung. Vergeblich.

Der einstmalig­e Abonnement­smeister pendelte in den folgenden Jahren zwischen zweiter und dritter Liga und präsentier­te sich als „Meister des Verzichts“. Mehrfach wurden nach Meistersch­aften Aufstiege ausgeschla­gen, um kein finanziell­es Risiko einzugehen. 2012 zog man sich gar in die Regionalli­ga, die vierthöchs­te Klasse, zurück.

Das Jahr 2016 war wieder ein Meilenstei­n in der Geschichte des TTC Langweid. Als Meister der dritten Bundesliga gelang der Aufstieg in die zweite Bundesliga. Den Erfolg widmete die Mannschaft dem langjährig­en Vorsitzend­en Gert Jungbauer. Ein Abschiedsg­eschenk, denn nach 48 Jahren stellte er sein Amt zur Verfügung. Sein Nachfolger Alfons Biller ist dabei, neue Strukturen zu schaffen. Auch innerhalb der Mannschaft steht ein Generation­swechsel an. „Die nächsten zwei Jahren werden zeigen, wohin der Weg führt“, sagt Biller. „Theoretisc­h könnten wir die erste Liga stemmen. Wir haben dazu das Know-how. Aber es wäre ein Sponsor notwendig. Mit dem derzeitige­n Etat von 45 000 Euro wäre zwar die erste Liga machbar, nicht aber die intensive Jugendarbe­it, die wir betreiben.“

Nahziel sei es jetzt zunächst einmal, die zweite Bundesliga zu halten. Im Moment steht Langweid unter elf Teams auf Platz zehn. „Wenn wir immer komplett spielen, haben wir eine Chance“, sagt Alfons Biller, in den Anfangsjah­ren der Langweider Erfolge selbst Cheftraine­r. Zum Rückrunden­auftakt empfängt Langweid den letztjähri­gen Meister TuS Uentrup, der auf den Aufstieg in die Bundesliga verzichtet hat. Weil die Halle in Langweid anderweiti­g belegt ist, bestreitet der TTC das „Auswärts-Heimspiel“in der Jahnhalle in Bobingen (Spielbegin­n ist um 14 Uhr).

 ?? Foto: Marcus Merk ?? Langweider Urgestein: Katharina Schneider war in der Saison 2006/07 bei der letz ten deutschen Meistersch­aft dabei. Sie spielt noch immer.
Foto: Marcus Merk Langweider Urgestein: Katharina Schneider war in der Saison 2006/07 bei der letz ten deutschen Meistersch­aft dabei. Sie spielt noch immer.

Newspapers in German

Newspapers from Germany