Donauwörths historische Menükarte
Goldenes Buch (Serie) In Donauwörths Promi-Buch finden sich einige Berühmtheiten – aber die Seiten sind mehr: ein Erinnerungsalbum an tiefgründige oder heitere Momente
Donauwörth Zugegeben: Dieses Buch steht meistens in einer Ecke im Rathaus. In einer gut gesicherten. Vielleicht, weil es goldfarben ist, vielleicht, weil das darin enthaltene Schriftgut von den Besuchen großer Persönlichkeiten zeugt. Das Goldene Buch der Stadt Donauwörth ist in der Tat so etwas wie ein Bilderbuch prominenter Momente.
Ein Fotoalbum ohne Bilder. Vielleicht träfe es ja diese Bezeichnung am besten. Für Oberbürgermeister Armin Neudert gehört das Goldene Buch der Stadt zu den schöneren Augenblicken des Rathauschef-Daseins: „Wenn ich vor größeren Besuchen darin blättere, dann muss ich natürlich an die früheren Ereignisse denken, an das Drumherum, auch an gute Begegnungen mit interessanten Menschen.“So wie jene mit den Brüdern aus der Musikerfamilie Well, als der Stofferl Well kurzum den Bürgermeistersessel erklomm, abrutschte und letzten Endes auf dem Hosenboden landete. Oder das eigenwillige Auftreten des Schauspielers Ben Becker, der wohl sämtlichen Klischees entsprach. Er malte 2013 etwas Undefinierbares auf seine Buchseite, setzte sein Autogramm darunter und sprach denn auch am Abend im Rahmen der Kulturtage von Donauwörth als einem „Kaff“– nun ja, man muss die Menschen wohl nehmen, wie sie sind. Bei manchen gehört die Provokation dazu – auch das findet sich im Goldenen Buch.
Feinsinniger war da 2010 der Kabarettist Dieter Hildebrandt, als er verzeichnete: „Und wenn schon nirgendwo ein Frühling ist: in Donauwörth schon.“Hildebrandt sei auch im persönlichen Gespräch so gewesen, wie man ihn aus dem Fernsehen kannte, sagt Neudert: witzig, mit Hang zur Ironie, aber irgendwie doch ein Gentleman. Einige der Prominenten setzen indes nur die Unterschrift unter den in feiner Fraktur geschriebenen Anlass – ein Mitarbeiter des Hauses trägt diesen per Hand klassisch mit Feder und Tinte in das ebenso kostbare wie schwere Buch ein. Die Tradition des Goldenen Buches sei im Übrigen noch recht jung – erst 1970 sei damit begonnen worden, sagt Neudert.
Manchmal bleibe auch der ein oder andere weise Satz eines Unterzeichners im Gedächtnis, sagt der Rathauschef. So wie der des späteren Bundespräsidenten Joachim Gauck: „Die Freiheit der Erwachsenen heißt Verantwortung.“Auch hier erinnert sich Neudert noch gut an die festliche Atmosphäre im Gallussaal – dezente Beleuchtung, dazu ein tiefgründiges Gespräch über das Tragen von Verantwortung in der Gesellschaft. Es sei mithin der nachdrücklichste Moment des „Fotoalbums“Goldenes Buch gewesen.
Eine Besonderheit ist auch die eingeklebte Speisekarte. Es ist eine Menüfolge mit Geschichte – und zwar eine von Genscher und Gorbatschow unterzeichnete, während der Verhandlungen zum Zwei-plusVier-Vertrag, der den Weg für die Wiedervereinigung Deutschlands freimachte. Der damalige Beauftragte für Sonderaufgaben der Bundeswehr in den neuen Ländern hatte das Schriftstück mitgebracht.
Wer in das Goldene Buch schreiben darf – nun, feste Parameter dafür gebe es nicht, sagt Neudert. Eine gewisse Prominenz müsse man schon vorweisen – und zudem Gast der Stadt sein, der man vielleicht etwas mehr Respekt entgegenbringen könnte, als es einst Ben Becker auf die ihm so eigene Art tat.
Ben Becker – eher flapsig, Gauck – eher nachdenklich