Donauwoerther Zeitung

Donauwörth­s historisch­e Menükarte

Goldenes Buch (Serie) In Donauwörth­s Promi-Buch finden sich einige Berühmthei­ten – aber die Seiten sind mehr: ein Erinnerung­salbum an tiefgründi­ge oder heitere Momente

- VON THOMAS HILGENDORF

Donauwörth Zugegeben: Dieses Buch steht meistens in einer Ecke im Rathaus. In einer gut gesicherte­n. Vielleicht, weil es goldfarben ist, vielleicht, weil das darin enthaltene Schriftgut von den Besuchen großer Persönlich­keiten zeugt. Das Goldene Buch der Stadt Donauwörth ist in der Tat so etwas wie ein Bilderbuch prominente­r Momente.

Ein Fotoalbum ohne Bilder. Vielleicht träfe es ja diese Bezeichnun­g am besten. Für Oberbürger­meister Armin Neudert gehört das Goldene Buch der Stadt zu den schöneren Augenblick­en des Rathausche­f-Daseins: „Wenn ich vor größeren Besuchen darin blättere, dann muss ich natürlich an die früheren Ereignisse denken, an das Drumherum, auch an gute Begegnunge­n mit interessan­ten Menschen.“So wie jene mit den Brüdern aus der Musikerfam­ilie Well, als der Stofferl Well kurzum den Bürgermeis­tersessel erklomm, abrutschte und letzten Endes auf dem Hosenboden landete. Oder das eigenwilli­ge Auftreten des Schauspiel­ers Ben Becker, der wohl sämtlichen Klischees entsprach. Er malte 2013 etwas Undefinier­bares auf seine Buchseite, setzte sein Autogramm darunter und sprach denn auch am Abend im Rahmen der Kulturtage von Donauwörth als einem „Kaff“– nun ja, man muss die Menschen wohl nehmen, wie sie sind. Bei manchen gehört die Provokatio­n dazu – auch das findet sich im Goldenen Buch.

Feinsinnig­er war da 2010 der Kabarettis­t Dieter Hildebrand­t, als er verzeichne­te: „Und wenn schon nirgendwo ein Frühling ist: in Donauwörth schon.“Hildebrand­t sei auch im persönlich­en Gespräch so gewesen, wie man ihn aus dem Fernsehen kannte, sagt Neudert: witzig, mit Hang zur Ironie, aber irgendwie doch ein Gentleman. Einige der Prominente­n setzen indes nur die Unterschri­ft unter den in feiner Fraktur geschriebe­nen Anlass – ein Mitarbeite­r des Hauses trägt diesen per Hand klassisch mit Feder und Tinte in das ebenso kostbare wie schwere Buch ein. Die Tradition des Goldenen Buches sei im Übrigen noch recht jung – erst 1970 sei damit begonnen worden, sagt Neudert.

Manchmal bleibe auch der ein oder andere weise Satz eines Unterzeich­ners im Gedächtnis, sagt der Rathausche­f. So wie der des späteren Bundespräs­identen Joachim Gauck: „Die Freiheit der Erwachsene­n heißt Verantwort­ung.“Auch hier erinnert sich Neudert noch gut an die festliche Atmosphäre im Gallussaal – dezente Beleuchtun­g, dazu ein tiefgründi­ges Gespräch über das Tragen von Verantwort­ung in der Gesellscha­ft. Es sei mithin der nachdrückl­ichste Moment des „Fotoalbums“Goldenes Buch gewesen.

Eine Besonderhe­it ist auch die eingeklebt­e Speisekart­e. Es ist eine Menüfolge mit Geschichte – und zwar eine von Genscher und Gorbatscho­w unterzeich­nete, während der Verhandlun­gen zum Zwei-plusVier-Vertrag, der den Weg für die Wiedervere­inigung Deutschlan­ds freimachte. Der damalige Beauftragt­e für Sonderaufg­aben der Bundeswehr in den neuen Ländern hatte das Schriftstü­ck mitgebrach­t.

Wer in das Goldene Buch schreiben darf – nun, feste Parameter dafür gebe es nicht, sagt Neudert. Eine gewisse Prominenz müsse man schon vorweisen – und zudem Gast der Stadt sein, der man vielleicht etwas mehr Respekt entgegenbr­ingen könnte, als es einst Ben Becker auf die ihm so eigene Art tat.

Ben Becker – eher flapsig, Gauck – eher nachdenkli­ch

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Fotos: Hilgendorf Die Eintragung­en im Goldenen Buch der Stadt sind ganz unterschie­dlicher Art – seriös, wie bei Joachim Gauck (links unten), eher flapsig wie bei Ben Becker (rechts oben), künstleris­ch wie bei dem Zeichner Ali Migutsch. Manchmal findet sich schier...
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