Den Stecker ziehen
Freizeit Das Internet bestimmt für die meisten Jugendlichen den Tag: Musik hören, Filme streamen oder der Chat mit den Freunden. Doch wie sieht ein Offline-Tag aus? Ein Selbstversuch
Donauwörth Am Sonntagabend schalte ich schweren Herzens mein Handy aus, im Bewusstsein, es erst wieder am Dienstag benutzen zu können. Einen Tag in den Ferien ohne Internet. Ich bin gespannt, wie ich die Alltagsprobleme lösen kann, ohne dabei das Internet zu benutzen, und ob ich etwas verpassen werde.
Schon beim Frühstück fehlt mir das Handy, weil ich beim Essen sonst soziale Netzwerke checke. Heute geht das nicht. In einer App, die nur mit Internet funktioniert, notiere ich seit Kurzem alles, was ich esse. Ich möchte einen besseren Überblick über meine Ernährung haben. Aber offline: keine Chance. Das geht mir schon irgendwie ab, denn ich muss mir im Kopf überlegen, wie viel ich noch essen sollte, und habe Angst, mich dabei total zu verkalkulieren. Nach dem langweiligen Frühstück gehe ich ins Bad, um zu duschen. Aber ohne Musik? Das geht überhaupt nicht. Wie war das noch gleich mit dem Radio? Nach ein paar Mal Knöpfedrücken habe ich es geschafft: Ich kann die Musik im Radio auch im Bad hören. Es sind zwar nicht immer die Titel, die ich hören will, schief mitsingen kann ich dazu aber allemal. Ich habe fertig geduscht und frage mich das erste Mal, was ich denn jetzt machen soll. Dürfte ich meinen Laptop benutzen, würde ich wahrscheinlich den halben Tag auf Serien und Filme schauen. Ich habe aber gestern schon mit einer Freundin ausgemacht, dass wir heute Abend ins Kino gehen. Deshalb greife ich mir das Buch zum Film und lese eine ganze Stunde. Außerdem nehme ich mir mal wieder etwas Zeit, um meine Fingernägel zu lackieren.
Gegen Mittag mache ich mir nur einen Joghurt mit Obst und lese nebenbei wirklich gründlich die Zeitung, jede Seite, fast jeden Artikel. Zeit, die ich sonst ganz anders nutze. Nach dem Essen gehe ich in mein Zimmer und zeichne ein bisschen auf einem Block herum, was mich aber nicht lange bei Laune hält. Also lege ich eine CD in meine Stereoanlage. Normalerweise höre ich Musik fast nur über Spotify und schließe meinen Laptop an meine Stereoanlage an. Heute aber höre ich diese CD gleich zwei Mal hintereinander und entwerfe dabei Plakate mit Liedzitaten, die ich dann an meine Zimmertüre hänge. Weil ich ja so viel Zeit habe, gebe ich mir Mühe und benutze verschiedene Methoden, um die Plakate zu verzieren. Ich habe mir schon überlegt, ob ich in die Stadt fahren sollte, um dort etwas zu unternehmen. Aber erstens weiß ich nicht, wann ein Bus fährt, denn ich kann ja nicht im Internet nachschauen, und zweitens brauche ich gar nichts aus der Stadt.
Als ich dann endlich ins Kino gehe, erzählt mir meine Freundin, dass sie jetzt die Bilder unseres Frankreich-Austauschs ausgedruckt und an ihre Wand gehängt hat. Toll, meine ganzen Bilder sind auf meinem Handy und dem Laptop, nicht mal die kann ich bestellen. Aber wenigstens ist der Film gut und als ich nach Hause komme, ist es schon 20 Uhr. Zu Hause lese ich noch ein bisschen. Schon um 22 Uhr lege ich mich schlafen, eigentlich viel zu früh für einen Ferientag.
Am nächsten Morgen bin ich froh, mein Handy wieder anschalten zu können. Ich habe einige Nachrichten bekommen, aber keine, die ich unbedingt hätte lesen müssen. Mein Fazit: Ein Tag ohne Internet ist ohne Frage machbar. Komplett auf diesen Luxus zu verzichten, wäre aber schon ziemlich schwer. Ich habe mir damit selbst bewiesen, dass ich auch ohne Internet die Zeit verbringen kann. Was mir aber fehlte, war der Kontakt zu meinen Freunden. Ich finde, es ist kein Armutszeugnis, dass man ganz ohne das Internet nach längerer Zeit aufgeschmissen wäre. Es bietet uns so viele Möglichkeiten und ein OfflineTag zeigt erst, was man daran hat.