Donauwoerther Zeitung

Leere Regale im Discounter

- VON MICHAEL KERLER mke@augsburger allgemeine.de

Viele Männer, heißt es oft, sollen heute unter einer Identitäts­krise leiden. Einerseits sollen sie im Haushalt und bei der Kindererzi­ehung helfen, anderersei­ts wünschen sich Frauen angeblich trotzdem Partner mit Erfolg im Beruf. Ihr Ideal sei die Mischung aus AlphaTier und Softie – der „Alpha-Softie“. Wer bei solchen Ratschläge­n nicht verzweifel­n will, ignoriert sie am besten. Und freut sich, dass man als Mann heute nicht mehr an den Kreuzzügen teilnehmen muss, um sich zu beweisen. Ein solides Einkommen und ein gefüllter Kofferraum mit Wocheneink­äufen sollten ein erster Schritt sein, um zu Hause zu punkten. Das also, was einst die Mammut-Jagd war. Fürs Einkaufen, verriet ja auch ReweChef Alain Caparros, ist zu Hause er zuständig. Je schwerer die Kartons sind, die man nach Hause schleppt, desto besser das Gefühl. Wenn es nur so einfach wäre...

Wir haben uns daran gewöhnt, dass der Kapitalism­us alles in allen Variatione­n praktisch jederzeit zur Verfügung stellt. Umso größer war der Schock, als der Autor am vergangene­n Samstag im Discounter vor leeren Regalen stand. Mühelos wäre es möglich gewesen, bei Aldi Fitnessmat­ten, Kleidung und ein zweites Bobbycar für den Nachwuchs zu erwerben. Doch die einfachen Grundnahru­ngsmittel Milch und Brot suchte man in der betreffend­en Filiale vergeblich. Im Gemüserega­l herrschte kosmische Leere. Ausverkauf­t – bis auf einige Knollen Rote Beete (das Gemüse scheint ein Imageprobl­em zu haben). Bei der Konkurrenz gegenüber sah es ähnlich aus.

Es gab für die Leere sicher gute Gründe. Nach den Feiertagen ist bei vielen der Kühlschran­k leer. Kein Supermarkt kommt so schnell an Nachschub. Und sicher ist es vermessen, samstags um 18 Uhr auf eine unendliche Vielfalt an frischem Gemüse zu setzen.

Und doch – die Bundesregi­erung ist kürzlich dafür belächelt worden, dass sie riet, im Keller Vorräte für den Notfall anzulegen. Das scheint aus anderen Gründen einer Überlegung wert: Denn wissen Sie, wie dumm der Familienva­ter dasteht, wenn er ohne Milch aus dem Supermarkt kommt? Es kommt einer Identitäts­krise gleich.

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Foto: pixfly, Fotolia Auf leere Regale wie diese stieß am Samstag unser Autor.

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