Furioses Finale
Biathlon Zum Abschluss des Weltcups in Oberhof schaffen die deutschen Männer einen spektakulären Doppelsieg. Bei den Frauen ist eine Rückkehrerin sofort wieder vorne dabei
Oberhof Nach der Weihnachtspause und vier Wochen vor dem Saisonhöhepunkt, der WM in Hochfilzen, zeigt sich besonders das MännerTeam beim Weltcup in Oberhof stark. Simon Schempp schafft am Sonntag im Massenstart seinen elften Weltcupsieg vor Erik Lesser – und bietet auch Seriensieger Martin Fourcade Paroli. Ein Faktencheck.
Der Triumphierende Mehr geht nicht. Das weiß Schempp und jubelt schon am Zielstrich. Es bleiben ihm sogar jene wertvollen Zehntel, um die Arme hoch zu reißen. Ein Moment des höchsten Genusses. Taktisch klug im Zweikampf mit Martin Fourcade, konzentriert am Schießstand im Duell Mann gegen Mann und laufstark auf den vier harten Schleifen im Zug mit den Konkurrenten präsentiert sich der Schwabe. Der Lohn für die Schinderei: der elfte Weltcupsieg.
Der erste Erfolg in Oberhof. Und die stärkende Gewissheit, nach der Weihnachtspause das körperliche wie mentale Leistungsvermögen zu besitzen, Fourcade zu trotzen und ihn zu schlagen. Schempps Gegenmittel, als Fourcade in der letzten Runde am Birxsteig, dem 500 Meter langen und gemeinen Anstieg, attackiert: dranbleiben und riskieren, „dass es mich gleich zerreißt“.
Im Windschatten lauert Schempp und überholt auf der Zielgeraden. „Ein großer Tag“, sagt der 28-Jährige, der bereits in Nove Mesto auf dem Podest stand. Ein Schub fürs Selbstbewusstsein und die Bestätigung, dass die Form Richtung WM stimmt.
Der Schwabe weiß aber auch: „Es läuft in Ruhpolding nicht von alleine. Aber für den Gemütszustand tut der Sieg richtig gut.“Eine Feier mit dem Team? Augenzwinkernd verrät Lesser: „Sorry, ich kann nicht. Ich gehe früh ins Bett.“Zu sehr zwicken ihn die Oberschenkel.
Schempp ist noch am Abend in den Chiemgau gefahren. Der Blick auf den Gesamtweltcup verrät deutsche Geschlossenheit mit dreien (Schempp Dritter, Lesser Vierter und Peiffer Sechster) unter den besten sechs.
Der Dauerbrenner Fourcade – der Franzose, der normalerweise sogar im Rückwärtsgang als Erster ins Ziel fährt. Wie in der Verfolgung. Als Achter losgelaufen, mit mehr als einer Minute Vorsprung auf Peiffer angekommen. Im Massenstart holt er in einer Runde 40 Sekunden auf, beißt, wo sich andere aufgeben. Nur im Zielsprint gestern rechnet er nicht mit Lesser. Das Zielfoto entscheidet für den Deutschen.
Trotzdem: „Er ist auf seinem eigenen Planeten. Da möchte ich auch mal hin“, sagt seine Landsfrau und Beste in der Verfolgung, Marie Dorin-Habert über den achtmaligen Saisonsieger – in elf Rennen. Selbst der Dominator lobt sich. Weil er bei schwierigsten Windverhältnissen wie am Samstag im Stehendanschlag fehlerfrei bleibt. In heiklen Situationen abwarten, um zu bestehen. Dabei hilft dem 28-Jährigen die Erfahrung und das Selbstbewusstsein von 55 Weltcuperfolgen.
Schon mit 13 sitzt Fourcade als Fan vorm Fernseher und schaut dem großen Raphael Poiree genau zu. „Er hat sich in solch schwierigen Bedingungen immer perfekt verhalten. Ich bin stolz, dass mir das hier auch gelungen ist“, sagt Fourcade. Wird er vor oder bei der WM nicht krank, muss viel zusammenkommen, um ihn zu schlagen. „Martin ist das Maß, er gibt den Takt vor. Läuferisch allein reicht’s für keinen von uns“, sagt Schempp.
Die Rückkehrerin Silvester verbringt Laura Dahlmeier mit Freunden auf einer Berghütte. Energie sammeln für das nächste (verkürzte) Trimester im Weltcup. Während die Konkurrentinnen in Oberhof sprinten und verfolgen, trainiert Dahlmeier in Seefeld. Dass ihr die Tschechin Gabriela Koukalova nach Platz zwei in der Verfolgung das Gelbe Trikot der Gesamtbesten abnimmt, verfolgt die 23-Jährige entspannt auf der Couch vor dem Fernseher. „Das Gelbe Trikot ist für mich nicht das Allerwichtigste, darum kann ich das auch getrost abgeben. Die Gabi darf das jetzt gerne mal ausführen.“
Ihr Kaltstart im Massenstart klappt mit Platz zwei hinter der souveränen Koukalova bestens. Obwohl die Beine von den Einheiten zuvor schwer sind. Es ist gut, dass sich Dahlmeier Auszeiten gönnt, um den Körper nicht zu überlasten. Ihr Ziel ist die WM. Mit ihrer Laufstärke und Sicherheit am Schießstand bleibt sie die klare Nummer eins im Team.
Vom eigenen Erwartungsdruck befreit hat sich Maren Hammerschmidt. Platz vier in der Verfolgung gibt ihr ein hohes Maß an Zufriedenheit. Franziska Hildebrand ist erneut solide. Bleibt die Hoffnung, dass die gesundheitlich gebeutelte Franziska Preuß in Ruhpolding zurückkehrt. Sie ist wichtig für die Staffel.