Napoleons Schmach, Künstlers Freude
Malerei Johann Baptist Pflug zeichnete ein negatives Bild des Feldherrn und seiner Armee. Das zeigt eine sehenswerte Ausstellung
Biberach Die Schlacht steht kurz bevor. Der große Feldherr Napoleon, seine Offiziere und Soldaten machen sich bereit. Aber sehen so Kriegshelden aus? Bonaparte selbst wirkt eher müde als entschlossen, ein Bäuchlein zeichnet sich unter der Uniform ab. Seine Marschälle sind auch etwas zerrupfte Gestalten. Doch vor allem der Grenadier links hat in einer anständigen Kompanie nichts verloren: Der dickliche Mann mit Backenbart trägt nicht nur eine Feldlagermütze, als wäre er gerade erst aufgestanden, sondern hat noch dazu die Hände in den Taschen.
Das Gemälde des oberschwäbischen Malers Johann Baptist Pflug (1785 - 1866) ist eine ungewöhnliche Darstellung des kleinen Korsen mit den großen militärischen Erfolgen. Das sagt der Historiker Thomas Schuler, Autor mehrerer Bücher und Betreiber der Website napoleon inbayern.de: „Unter tausenden Napoleon-Bildern ist es das einzige, bei dem so etwas zu sehen ist.“Doch es passe in das Werk des Malers Pflug, dem seine Heimatstadt Biberach an der Riß in ihrem Museum derzeit eine sehenswerte Ausstellung widmet, bei der die militärischen Darstellungen großen Platz einnehmen.
Außerhalb Oberschwabens ist Johann Baptist Pflug heute kein bekannter Name mehr. Er war ein Kind seiner Zeit – der Zeit der Napoleonischen Kriege. Pflug konnte als 15-Jähriger wohl aus der Ferne die Schlacht von Biberach am 9. Mai 1805 beobachten. Er war aber auch unter den tausenden Schaulustigen, die am 20. Oktober 1805 zusahen, wie Napoleon im Norden Ulms die Kapitulation der österreichischen Deutschlandarmee entgegennahm.
Pflug, akademisch ausgebildet in München, war als Maler nie ein neutraler Chronist. „Er hatte eine klare politische Ausrichtung“, sagt Historiker Schuler. Napoleon mochte er nicht. Entsprechend die Motivauswahl: Die Erfolge Napoleons sind im Werk Pflugs weitgehend ausgespart. Die anfangs erwähnte Schlacht bei Aspern östlich von Wien gilt als erste Niederlage Napoleons auf dem Schlachtfeld. Bei seiner kleinformatigen Darstellung der Plünderung des Dorfes Alberweiler sind die Franzosen eine dämonische Heimsuchung: Im Schein brennender Häuser gehen die Soldaten nicht nur auf Frauenjagd, sondern verheizen auch noch ein Kruzifix.
Bekannter als für seine Darstellungen von Schlachten und Lagerleben ist Pflug heute allerdings für ganz andere Motive: Er gilt als einer der bedeutendsten Genremaler seiner Zeit, zumal in Württemberg, zu dem Biberach seit 1806 – durch die vom da noch siegreichen Napoleon diktierte Rheinbundakte – gehörte. Auch diesen Johann Baptist Pflug zeigt die Ausstellung im städtischen Museum: Bilder von Bauern und Bürgern, Szenen aus dem Pfarrhaus und vom Jahrmarkt. Es sind volksnahe und lebendige Bilder, mit bisweilen etwas rundlichen und tapsig wirkenden Figuren.
Nicht in alle Motive steckte der Künstler so viel Detailtreue wie in seine Napoleon-Gemälde. Seine Genrebilder malte Pflug für eine breitere Käuferschicht: die (Klein)bürger seiner Heimat. Sympathisch sind diese Bilder allemal. Humor hatte der wohl auch. Historiker Schuler ist überzeugt davon, dass sich Pflug in vielen seiner Gemälden selbst verewigte. Wohl auch in der „Schlacht von Aspern“: Der Grenadier mit den Händen in den Taschen – er ähnelt tatsächlich dem Mann, der ihn malte.
Johann Baptist Pflug Die Ausstel lung im Museum Biberach läuft bis 19. März (Di So). Der Katalog (Verlag Josef Fink) kostet 39,80 ¤.