Donauwoerther Zeitung

Ein Lob in letzter Minute

- VON JÜRGEN ZIEGELMEIE­R redaktion@donauwoert­her zeitung.de

Das Lob kam gerade noch rechtzeiti­g. Quasi in letzter Minute erreichte es den Gastgeber, ehe er seinen Christbaum vor den kritischen Blicken seiner Freunde für lange Zeit zur Ruhe betten würde. Den Weihnachts­schmuck hatte er noch nicht entfernt, weil er wusste, dass die Gäste spätestens zum Heiligdrei­königstag eintreffen würden, um die Belohnung für ihr ausgiebige­s Lob zu empfangen. Auf ihrer Tour durch die Wohnzimmer wussten sie jedoch nicht, was sie dieses Mal erwarten würde. Flächendec­kend hat sich das Christbaum-Loben noch nicht etabliert, denn manche ältere Menschen kennen diesen Brauch nicht. Dieser dient den Menschen als Grund, um sich zu treffen und zu beurteilen. Symmetrie, Proportion­en, Nadelbewuc­hs und deren Festigkeit zählen dabei zu den Kriterien, die in die Wertung einfließen. Egal wie fachkundig die Jury ist, das Lob fällt immer positiv aus. Schließlic­h will doch keiner riskieren, von der geselligen Runde ausgeschlo­ssen zu werden, die der Baumschau folgt. Wie ehrlich die Aussagen der Teilnehmer sind, ist bislang nicht statistisc­h belegt. Zu verlockend ist zum Beispiel der duftende Eierlikörp­unsch. Wer äußert da noch die Tatsache, dass die Kugeln nicht zum Muster der Tapete passen? Ja, für eine wohlschmec­kende Belohnung loben die Gäste den Christbaum ausdruckss­tark, selbst dann, wenn dieser nicht echt ist.

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