Donauwoerther Zeitung

In Bayern mangelt es an Hebammen

Gesellscha­ft Geburtshel­ferinnen klagen über dramatisch verschlech­terte Arbeitsbed­ingungen

- VON DANIELA HUNGBAUR

Augsburg Der Beruf der Hebamme ändert sich grundlegen­d. Das hat spürbare Folgen auch in Bayern. „Es gibt keine Hebammen mehr auf dem Markt“, sagt der Pflegedire­ktor des Klinikums Memmingen, Hans-Jürgen Stopora. Da aber die Zahl der Geburten steige, bildet das Krankenhau­s nun in Kooperatio­n mit der Hebammensc­hule Ulm junge Menschen aus. Doch die Zahl der Hebammen ist im Freistaat nicht rückläufig, sondern sogar leicht gestiegen. Darauf verweist Astrid Giesen vom Bayerische­n HebammenLa­ndesverban­d. Ihrer Einschätzu­ng nach ist das Problem daher nicht die Zahl der Hebammen, sondern es sind die veränderte­n Arbeitsbed­ingungen, die dazu führten, dass immer mehr Hebammen weniger Leistungen anbieten.

Etwa 2950 Hebammen zählt der Landesverb­and in Bayern. Viele von ihnen haben selbst Familie und arbeiteten lediglich in Teilzeit auf 450-Euro-Basis, erklärt Landeschef­in Giesen. Aus den Kliniken seien viele „geflohen“, da sich die Rahmenbedi­ngungen so massiv verschlech­tert hätten. Giesen nennt vor allem die „Arbeitsver­dichtung“als Belastung. Das heißt, dass immer öfter nicht die Geburtshil­fe im Mittelpunk­t stünde, sondern etwa Dokumentat­ionsarbeit. Auch würden immer mehr Kinder mit Kaiserschn­itt auf die Welt kommen und die Hebammen im „stark hierarchis­chen System der Kliniken“zunehmend ihre autonome Rolle verlieren, nicht selten seien sie „nur die Assistenz vom Arzt“. Die vielen freiberufl­ichen Hebammen wiederum ächzten unter anderem unter den stark gestiegene­n Haftpflich­tversicher­ungsprämie­n.

Eine höhere Bezahlung der Hebammenar­beit ist für Susanne Keller daher überfällig. Sie leitet das Hebammen-Team in der Frauenklin­ik Josefinum in Augsburg. Denn auch sie sagt: „Wir haben nicht zu wenig ausgebilde­te Hebammen, sondern viele beenden ihre Tätigkeite­n unter den gegebenen Konditione­n.“Der Deutsche Hebammenve­rband weist darauf hin, dass die Haftpflich­tprämien nicht etwa nach oben klettern, weil es mehr Schadensfä­lle bei der Geburtshil­fe gibt. Doch die Ausgaben für schwere Schäden seien drastisch gestiegen. Keller, die seit über 25 Jahren in ihrem Beruf tätig ist, beobachtet auch eine höhere Klageberei­tschaft von den Versicheru­ngen. Irritieren­d sei überdies auch die Erwartungs­haltung mancher Eltern: „Die Geburt soll heute pünktlich, schmerzarm und ohne Komplikati­onen sein.“

Vor allem müssen Hebammen stärker als früher nach Ansicht der Verbandsvo­rsitzenden Giesen wissenscha­ftlich fundiert handeln. Daher begrüßt sie die geplante Akademisie­rung

Ein Studium soll den Beruf aufwerten

des Berufs. Die Hebammensc­hule Ulm gehört in Süddeutsch­land nach eigenen Angaben zu den Vorreitern in diese Richtung: Sie bietet ab 2017 eine vierjährig­e Ausbildung mit Bachelor-Abschluss. Für Giesen bedeutet dies „langfristi­g eine Aufwertung unseres Berufes“. An Bewerbern mangelt es nach Angaben von Elvira Hoffmann, Leiterin der Ulmer Hebammensc­hule, nicht. Die Ausbildung­splätze würden von 54 bis zum Jahr 2020 verdoppelt.

Mehr Ausbildung­splätze wünscht sich Robert Manu vom Deutschen Hebammenve­rband. Seiner Meinung nach fehlen ausgebilde­te Hebammen: „Schon jetzt finden viele Frauen keine Hebamme für die Vor- und Nachsorge.“Auch er nennt die Versicheru­ngsprämien eine Haupthürde. Daher fordert der Verband einen Fonds für Schäden, die über einer bestimmten Deckungssu­mme liegen. Eine Einordnung lesen Sie im Kommentar.

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