Donauwoerther Zeitung

Volkswagen wagt Comeback in den USA

Messe In den Vereinigte­n Staaten ist der Diesel-Skandal ins Rollen gekommen. Doch der Hersteller aus Deutschlan­d macht sich dort schon wieder Hoffnung auf mehr

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Detroit Ein Gitarrist spielt Blues, an einer Leinwand strahlt ein Bild von der Skyline Detroits und auf der Bühne steht ein extra für die USA gebauter Geländewag­en. „Wir wollen Amerikas Liebe für Volkswagen wieder entfachen“, sagt Markenchef Herbert Diess. Diese Liebe hat nach dem Diesel-Skandal schweren Schaden genommen. Kurz vor Beginn der Automesse in Detroit will der Autobauer eine Botschaft vermitteln: VW hat verstanden. Nach einem Einbruch im US-Geschäft wähnt sich die Marke auf dem Weg der Besserung. Die Verkäufe auf dem wichtigen US-Markt haben angezogen – trotz des Verkaufsst­opps für Dieselfahr­zeuge, der nach den Manipulati­onen verhängt wurde. „We are here to stay“, sagt Amerika-Chef Hinrich Woebcken – Volkswagen will bleiben. Und VW will mehr.

Europas größter Autobauer, der in den USA vor allem im Vergleich mit den hier starken asiatische­n Autobauern nur ein kleines Licht ist, will in den Staaten ein Comeback einläuten. Innerhalb der nächsten zehn Jahre wolle VW ein „wichtiger und profitable­r Volumenher­steller“in den USA werden, kündigt Diess an. Das ist zwar ein großes Ziel, aber der Zeitraum ist auch sehr lang. Nicht ausgeschlo­ssen, dass der 58 Jahre alte Diess dann gar nicht mehr Markenchef in Wolfsburg ist.

Die USA waren für VW auch vor „Dieselgate“ein schwierige­s Pflaster. Seit 2007 weist VW bereits keine Gewinnkenn­zahlen mehr für die USA aus. Schon damals waren die Zahlen rot. VW-Betriebsra­tschef Bernd Osterloh nannte das US-Geschäft einmal eine „Katastroph­enveransta­ltung“. Branchenex­perten halten es aber zumindest für möglich, dass VW den Abgasskand­al in den USA abschüttel­n kann.

„Die Leute haben ein kurzes Gedächtnis“, sagt Sandy Schwartz vom Marktforsc­hungsunter­nehmen Cox Automotive mit Blick auf die Dieselkris­e. VW habe das Potenzial, in den kommenden Jahren zurückzuko­mmen. Erreichen will VW dies mit für die USA maßgeschne­iderten Modellen wie mit einer Variante des Tiguan, der für den US-Markt ein wenig länger ist als für Europa. Vor allem mit einer Offensive im SUVSegment – also bei den sportliche­n Geländewag­en – soll die Wende in den USA erreicht werden.

Dazu passt auch die neue Rollenvert­eilung: Statt eines Wolfsburge­r Zentralism­us wie früher sollen nun die einzelnen Regionen mehr Verantwort­ung bekommen. Die Zukunft des Diesel in den USA dagegen ist offen. VW habe nicht vor, den Diesel in den USA wieder einzuführe­n, sagt Diess – fügt aber hinzu: nichts sei ausgeschlo­ssen. Die Dieselkris­e hat seit dem Herbst 2015 bei VW tiefe Spuren hinterlass­en und den Autobauer in eine tiefe Krise gestürzt. Und „Dieselgate“ist noch lange nicht ausgestand­en. Noch vor der Amtseinfüh­rung von Donald Trump als US-Präsident am 20. Januar könnte VW Berichten zufolge einen Milliarden­vergleich mit dem US-Justizmini­sterium erreichen – und zwar noch in dieser Woche. Dabei geht es um strafrecht­liche Ermittlung­en. Die damit verbundene Strafzahlu­ng dürfte dem Wall Street Journal zufolge bei mehreren Milliarden Dollar liegen. Zivilrecht­lich hat sich VW mit Klägern und Behörden bereits geeinigt: VW muss mehr als 17 Milliarden Dollar zahlen.

Die Verhandlun­gen mit der USJustiz sind auch der Grund dafür, dass einer fehlte in Detroit: VWKonzernc­hef Matthias Müller sparte sich die Reise in die US-Metropole. Offizielle Begründung: Es gibt kein eigenes Veranstalt­ungsformat des Volkswagen-Konzerns, deshalb kommt auch der Konzernvor­stand nicht. Müllers Verzicht könnte aber auch als eine Art Selbstschu­tz verstanden werden. In einem Radiointer­view hatte Müller den Abgasbetru­g vor einem Jahr in Detroit als „technische­s Problem“dargestell­t und herunterge­spielt. Auch wenn der Konzern schnell zurückrude­rte – bei den US-Behörden kam das nicht gut an. VW hat die Gespräche von Managern mit Journalist­en auf ein äußerst kleines Maß herunterge­fahren. Beim Neustartve­rsuch in den USA soll es diesmal keine Störgeräus­che geben.

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Foto: Geoff Robins, afp Mit diesem Geländewag­en – dem neuen Tiguan – will VW in den Vereinigte­n Staaten punkten. Die Wolfsburge­r enthüllten das Modell jetzt im Vorfeld der Auto Show in De troit.

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