Donauwoerther Zeitung

Ein riesiges Experiment

- VON FRANZ NEUHÄUSER fhn@augsburger allgemeine.de

Die Welt des Fußballs ist groß. Größer als die „normale“Welt. Die Vereinten Nationen zählen 193 Mitgliedss­taaten. Der Fußball-Weltverban­d Fifa verzeichne­t sogar 211 Nationalve­rbände in seiner Mitglieder­kartei.

Fußballer besitzen halt ein großes Herz und haben deshalb auch „Länder“wie die Amerikanis­chen Jungfernin­seln oder Taiwan aufgenomme­n, die bei den UN keine Anerkennun­g finden.

Fast jedes vierte Fifa-Mitglied darf nun ab 2026 an der Endrunde einer Weltmeiste­rschaft teilnehmen. Was noch viel großherzig­er ist. Natürlich wissen alle, dass dahinter lediglich machtpolit­isches Kalkül steckt. Dieses Thema muss nicht diskutiert werden.

Die drängende Frage ist, ob „Spielmache­r“Infantino mit der WM-Aufblähung dem Fußball schadet. Aus Sicht der „Großen“sicherlich. Der elitäre Zirkel der dominieren­den Nationen würde am liebsten unter sich bleiben, die WM ruckzuck hinter sich bringen, damit man sich in den nationalen Ligen schnell wieder dem Geldverdie­nen widmen kann.

Aber: Die „neue“WM ist zwar teilnehmer­mäßig aufgebläht. Allerdings ist es Infantino mit dem geplanten Turnierfor­mat gelungen, den zeitlichen Aufwand im bestehende­n Rahmen zu halten. Der Weltmeiste­r wird nicht mehr Spiele absolviere­n müssen als bisher. Ein cleverer Schachzug, mit dem der Fifa-Chef viel Wind aus den Segeln der Kritiker genommen hat.

Für den Zuschauer kann eine WM mit vielen „Exoten“durchaus einiges Vergnügen bringen. „Kleine“haben immer wieder große Turniere belebt und bereichert. Siehe zuletzt Island bei der EM. Auf der Gegenseite ist eine Häufung langweilig­er, einseitige­r Partien zu Turnierbeg­inn natürlich nie auszuschli­eßen.

Vor größeren Herausford­erungen werden Organisato­ren und Gastgeber stehen. Mehr Teilnehmer, mehr Spiele, mehr Aufwand, mehr Arbeit, mehr Kosten – die Gleichung ist einfach. Die Zahl der Gastgeber, die dieses Mega-Event stemmen können, wird jedenfalls noch kleiner sein als bisher.

Größter Schwachpun­kt in Infantinos Plan ist sicherlich der Modus. Das Format mit den Dreier-Gruppen birgt große Gefahren, unter anderem die der Wettbewerb­sverzerrun­g. Kein Wunder, dass gestern keine Lösungen präsentier­t wurden. Ob es tatsächlic­h gelingt, Regularien zu entwerfen, die einen fairen, interessan­ten Wettbewerb garantiere­n? Spannende Frage. Die „neue“WM droht ein riesiges Experiment zu werden.

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