Donauwoerther Zeitung

Geistreich im Büro

- VON MELANIE LIPPL redaktion@donauwoert­her zeitung.de

Es begann am ersten Arbeitstag im neuen Jahr. Ein leichtes Surren, ein Säuseln, kaum wahrnehmba­r unter all den anderen Alltagsger­äuschen. Aber doch da. Ständig. Stetig. Nervig. Immer mit dem Ohr voran begab ich mich auf die Suche. Die Kohlensäur­e, die in der Wasserflas­che vor sich hin sprudelt? Nein, das war es nicht. Die Stifte, die im Stiftebech­er langsam nach unten rutschen? Nein, das war es auch nicht. Der Computer, der beim „Rechnen“vor sich hinrattert? Nein, auch das konnte nicht die Ursache sein für dieses Geräusch.

Von Tag zu Tag wird das Geräusch neben mir lauter. Immer, wenn ich mich ihm nähere, ist es plötzlich still. Fast, als scheint sich etwas ruhig zu verhalten, um ja nicht entdeckt zu werden. Ein Geist in meinem Büro? Womöglich noch der Geist des alten Jahres?

„Hörst du das?“, frage ich jeden Kollegen, der mein Büro betritt. Doch alle blicken mich nur mit großen Augen an. Denken wohl, dass ich ein bisschen zu viel Sekt an Silvester erwischt habe, der noch immer nachwirkt. Wirr im Kopf fühle ich mich tatsächlic­h – allerdings nicht aufgrund von alkoholisc­hen Getränken, sondern wegen dieses Geräusches, das mich von Tag zu Tag immer mehr verrückt macht.

Ich beginne schon, an mir selbst zu zweifeln, als die erste Kollegin es auch hört. „Der Stuhl!“, ruft sie laut. Tatsächlic­h. Wie zum Beweis surrt der Schreibtis­chstuhl leise, als ich mich damit in ihre Richtung drehe. Jetzt muss ich nur noch herausfind­en, an welchem der 15 Hebel ich ziehen, schieben oder drücken muss. Dann hat das Surren wieder ein Ende. Und ich hatte schon gedacht, ich wäre von allen guten Geistern verlassen!

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