Wenn die Aula zum Opernstudio wird
Neujahrskonzert Die Sänger der Bayerischen Staatsoper gastieren in Mertingen. Was sie dabei zum Besten geben
Mertingen Ein hinreißendes Neujahrskonzert sangen und spielten die Sänger des Opernstudios der Bayerischen Staatsoper München in der Mertinger Schulaula – und das geneigte Publikum im voll besetzten Saal wusste sehr genau, welche Preziosen hier geboten waren: vom Feinsten die Auswahl der Opern – und da es ein Jahresanfangskonzert war, auch der Operetten – betreffend; vom Exquisitesten die stimmlichen Qualitäten der jungen Sängerdarsteller.
Und so viel Nähe, so viel Schönheit zauberte vielen der Besucher schon nach den ersten Tönen ein Lächeln ins Gesicht.
Für viele war es ja schon fast wie ein Familientreffen in Mertingen. Man konnte es den Pausengesprächen entnehmen, wenn Namen und Opern diskutiert wurden, die man alle in der Gemeinde schon hören und schätzen lernen konnte, oder wie sich die oder der seit dem letzten Konzert stimmlich oder äußerlich doch verändert hätte.
Mit von der Partie waren in diesem Jahr die junge Russin Anna ElKashem, Paula Iancic aus Rumänien und die Italienerin Selena Zanetti (alle Sopran), die russische Mezzosopranistin Alyona Abramowa, der walisische Tenor Joshua Owen Mills, der mexikanische Tenor Galeano Salas, der Augsburger Bariton Johannes Kammler, der Schweizer Bassbariton Milan Siljanov, der ukrainische Bass Igor Tsarkov und als Moderator Tobias Truniger, der neue Leiter des Opernstudios.
Sie verführten mit einem Feuerwerk aus Mozart’scher Raffinesse in „Le nozze di figaro“im Reigen- und Ränkespiel zwischen Graf (Kammler) und Stubenmädchen Susanna (El-Kashem), zwischen Gräfin (Zanetti) und Figaro (Siljanov) sowie all den so plötzlichen Anverwandten. Zauberten märchenhaft-leidenschaftliche Bilder in G. Donizettis „L’elisir d’amore“, wenn metallen schmelzend Nemorino (Salas) den Liebreiz seiner Angebeteten Adina (Iancic) besang, der Macho Belcore (Tsarkov) sich (vergeblich) anpries und der Quacksalber Dulcamara doch alle übers Ohr haute ... und Tobias Truniger die Dramaturgie so kurzweilig moderierte, dass auch kein (musikalischer) Scherz verloren ging.
Im dritten Teil große Oper: Tschaikowskys „Pique Dame“. Selene Zanetti, Alyona Abramova, Milan Siljanov und Johannes Kammler überzeugten so leidenschaftlich mit „russischen“großen Stimmen, dass dieses berührende Musikdrama wahrlich unter die Haut ging.
Was aber wäre ein Neujahrskonzert ohne Operette. „La belle Hélène“von J. Offenbach, die bitterböse Gesellschaftssatire auf Napoleon III. und seine Gattin Eugenie, bot ein köstliches Szenario: Joshua Owen Mills sang den verführerischen Paris herrlich dekadent, und die angeblich nur geträumte nächtliche Annäherung an die schöne Helena im Duett mit Selena Zanetti gaben beide so hinreißend verführerisch, der Abschlusschor war ein sängerisches Fest – da blieb kein Auge trocken. Nach der schaumweinfröhlichen Zugabe wurde das Ensemble mit stehenden Ovationen verabschiedet: auf ein Wiederhören im November mit dem dann „Neuen Opernstudio“. (uhw)