Der Gute-Laune-Onkel
Porträt Michael Schanze war jahrzehntelang der Sonnyboy des deutschen Fernsehens. Inzwischen widmet er sich nach einem schweren Unfall mehr der Musik und dem Theater
Vorhang auf, minutenlanger tosender Applaus des Publikums, ein smart gekleideter Moderator tänzelt lächelnd die Treppe herunter. Das Einstecktuch sitzt, die heiteren Augen strahlen. Shows wie „Flitterabend“zählten lange Zeit zu den beliebtesten Sendungen im deutschen Fernsehen. Und Michael Schanze war der Strahlemann der Nation – immer so gut gelaunt, dass er einem mit seiner positiven Ausstrahlung auf die Nerven gehen konnte.
Was keiner sah: Hinter der fröhlichen Kulisse war Schanze irgendwann einmal gar nicht mehr glücklich. Sein Beruf hatte ihn schier aufgefressen. Neben dem Fernsehen war er auch als Sänger erfolgreich. Offenbar war für seine Ehefrau Monika und die drei Söhne zu wenig Zeit geblieben. In einem Interview sagte er: „Es war ein schleichender Prozess, bis ich realisierte: Ich gehöre nicht mehr dazu, ich erreiche meine Liebsten nicht mehr.“Das Paar trennte sich. Und da ein Unglück selten alleine kommt, ging es auch mit der Karriere bergab: Rollenangebote blieben aus, Shows wurden abgesetzt. Zudem soll Schanze viel Geld mit Immobiliengeschäften verloren haben.
Vor 13 Jahren dann sein größter Rückschlag: Bei einem Skiunfall verletzte er sich schwer. Es folgten monatelange Behandlungen, eine Knieprothese, starke Schmerzen. „Mein Talent, ein Glas immer als halb voll und nicht als halb leer zu betrachten, hat jedenfalls gründlich darunter gelitten“, sagte Schanze damals. Zudem nahm er stark zu. Der Gute-LauneOnkel hatte sein Lachen verloren. Im Fernsehen ist er seitdem nur mehr selten zu sehen, die großen Shows sind Vergangenheit. Schanze hat sich aber keineswegs in den Schmollwinkel zurückgezogen, sondern widmet sich inzwischen ganz der Musik. Er hat so viel zu tun, dass er seinen 70. Geburtstag am Sonntag gar nicht groß feiern wird. Der beliebte Moderator der 1980er und 1990er Jahre komponiert Musicals und ist auf Boulevardbühnen zu Hause. Mit dem Stück „Ein Herz aus Schokolade“ist er derzeit auf Tournee. Dass man nach Niederlagen wieder aufstehen kann, lernte der gebürtige Tutzinger, der heute in München lebt, früh in seinem Leben. Was die meisten nicht wissen: Schanzes Heiterkeit ist großer Traurigkeit entwachsen. Sein Vater, Rundfunk-Orchesterchef Artur Schanze, nahm sich das Leben. Sein Sohn Michael war damals gerade einmal neun Jahre alt.
Die Folge: Der Bub wurde aus dem Haus geschickt, da seine Mutter für den Lebensunterhalt sorgen musste. Ein Pfarrwaisenhaus wurde zur Heimat des Kindes. Prügel standen an der Tagesordnung. Auch im Knabenchor kassierte Schanze Ohrfeigen, erzählte er später. Andererseits war diese harte Schule die Basis für seine Karriere.
Vor dem 70. Geburtstag hat Schanze übrigens keine Angst. Der Bunten sagte er: „Die Sieben ist meine Glückszahl. Und die kann ich jetzt ein ganzes Jahrzehnt lang genießen.“Josef Karg