Alles spricht für Koi-Karpfen
Für alle in den späten 80er Jahren musikalisch geprägten Menschen ist der falsche PelzmützenRusse Ivan Rebroff ein ausgewiesener Experte für Fragen des Wohlstands. Der Mann mit der BassStimme lehrte in Etagenwohnungen lebende Generationen dank seines Klassikers „Wenn ich einmal reich wär“, dass ein Haus mit einer langen, breiten Treppe sowie einem Hof voll lärmender Hühner, Gänse und Enten den Gipfelpunkt einer gut betuchten Existenz darstellt.
Wer sich mit der Fernsehserie Derrick kapitalistisch weiterbildete, gewann gar den Eindruck, Walmdachvillen mit scharfen Schäferhunden und Orientteppichen in Grünwald seien der Lohn echten sozialen Aufstiegs. Doch all das, selbst exquisite Kunstsammlungen und getunte Sportwagen, wurde durch fortschreitenden Wohlstand mehr Menschen zuteil.
Was ist da noch ein echtes Statussymbol, welches Reiche abhebt von anderen Reichen? Schließlich sind afrikanische Jagdtrophäen an Villenwänden sozial geächtet.
Aber einige besonders lange und extrem gemusterte Koi-Karpfen in einem riesigen Gartenteich eignen sich zur Abgrenzung gegenüber anderen Millionären. Die Zierfische sind niedlich und können tierisch teuer werden. Für besondere Exemplare sind bis zu sechsstellige Beträge fällig. So tummelt sich manch Koi-Flotte im Wert eines Porsches in Gartengewässern.
Da würde es nicht verwundern, wenn das Teichtreiben den ExVW-Manager Winterkorn fasziniert hätte, wie Informationen des Spiegels nahelegen. Wer wie er in einem Jahr schon mal 15,9 Millionen Euro verdient hat, muss sein Geld gewinnbringend schwimmen lassen. KoiKarpfen sind in Niedrigzinszeiten eine Alternative, gerade wenn sie teuren Nachwuchs zeugen.
In Fernsehreportagen lassen sich Koi-Frauchen und -Herrchen bewundern, die ihre Fische streicheln und mit ihnen reden. Wie mag Winterkorn Kois nur nennen? Vielleicht Piëch und Porsche. Wir sehen den einsamen, gescheiterten Mann schon am Teichrand sitzen und rufen: „Komm jetzt her, Piëch!“oder den schwarz gesprenkelten Zierfisch anschreien: „Bläh schon die Backen auf, Dieselchen!“