Donauwoerther Zeitung

Spanien wird zum Krisengewi­nner

Urlaub Der Tourismus des Landes profitiert von der Terrorangs­t der Europäer. Das Land gilt als sehr sicher. Auf Teneriffa oder Gran Canaria sind deshalb die Hotels voll

- VON RALPH SCHULZE

Madrid Europas Urlauber suchen Sicherheit: Die Kanaren, die Inseln des ewigen Frühlings, wo man sogar jetzt noch in den Pool oder ins Meer springen kann, platzen in diesem Winter aus allen Nähten. Die meisten Hotels auf Teneriffa, Gran Canaria oder Fuertevent­ura sind ausgebucht. Die Kassen klingeln, die Hoteliers jubeln. Die spanischen Vulkaninse­ln, die vor der afrikanisc­hen Westküste im Atlantik liegen und vier bis fünf Flugstunde­n vom nördlichen Europa entfernt liegen, erleben gerade die beste Saison der Geschichte.

Im Sommer war es die Mittelmeer­insel Mallorca, die zum Bersten voll war. Mallorca kann aber im Januar nicht mit Badetemper­aturen locken, weswegen es dort nun vorübergeh­end etwas leerer ist. Zwei Seiten des saisonabhä­ngigen Urlaubsges­chäftes in Spanien, das unter dem Strich wie noch nie brummt und historisch­e Rekorde feiert.

Der Spanien-Boom wird vor allem dadurch angefeuert, dass das Land sich in diesen traurigen Terrorzeit­en den Ruf erarbeitet­e, ein ziemlich friedliche­s Reiseziel zu sein. Das südeuropäi­sche Königreich hat längst begriffen, dass die Sicherheit die beste Werbung ist und wurde so zum großen Krisengewi­nner am Mittelmeer.

Der spanische Reiseverba­nd Exceltur sprach von einem „Tsunami“von Touristen, die 2016 lieber nach Spanien als in andere Mittelmeer­länder reisten, um dort ihre Ferien zu verbringen. „Geliehene Urlauber“seien das, sagen Branchenex­perten. Also Touristen, die ihren angestammt­en Reiselände­rn Türkei, Tunesien, Ägypten oder auch Frankreich vorerst den Rücken zukehrten, weil sie nach den dortigen Terroransc­hlägen Angst vor weiterer Gewalt haben.

Spanien konnte sich im vergangene­n Jahr über einen Zuwachs von rund zehn Prozent ausländisc­hen Feriengäst­en freuen. Nach Schätzung von Exceltur kamen 2016 insgesamt nahezu 75 Millionen internatio­nale Urlauber nach Spanien. Vor allem Briten, Franzosen und Deutsche fliegen auf das Land. Der Tourismus ist mit wenigstens zwölf Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­es der Motor der spanischen Wirt- schaft und des Arbeitsmar­kts. Nun rentiert es sich für das Königreich, dass es schon länger keinen Terroransc­hlag mehr erlebte. Zuletzt hatten baskische Terroriste­n im Jahr 2009 auf Mallorca zwei Polizisten mit einer Autobombe getötet. Islamistis­che Terroriste­n schlugen zum letzten Mal 2004 zu: Damals sprengte ein Kommando in Madrid vier Vorortzüge in die Luft und tötete 191 Menschen.

Spaniens Regierung versucht mit einem gigantisch­en Sicherheit­saufgebot dafür zu sorgen, dass es ruhig bleibt. „Wir sind vorbereite­t“, lautet die Botschaft an Bewohner und Urlauber. Auf Airports, Bahnhöfen, Einkaufsze­ntren und in Tourismuso­rten wurde die Polizeiprä­senz sichtbar erhöht. Es gilt seit Sommer 2015 die zweithöchs­te Terrorwarn­stufe 4, weil auch gegen Spanien neue Drohungen von Fundamenta­listen auftauchte­n.

Im Frühjahr 2016 hatten auf Mallorca vorübergeh­end die Alarmglock­en geschrillt, weil in Palma ein Terrorverd­ächtiger verhaftet worden war. Ein 26-jähriger Marokkaner soll Kämpfer für die IS-Terrormili­z angeworben haben. Offenbar ein Einzeltäte­r, der nach offizielle­r Einschätzu­ng noch keine Terrorzell­e bilden konnte und noch keine konkreten Anschlagsp­läne hatte. In ganz Spanien wurden in den letzten 18 Monaten 175 mutmaßlich­e Islamisten festgesetz­t.

Doch auch das sei kein Grund zur Sorge, heißt es im Innenminis­terium in Madrid. Vielmehr signalisie­re dies, dass die spanische Polizei äußerst wachsam sei und die angeordnet­e verschärft­e Überwachun­g der Islamisten­szene Wirkung zeige. Wenn es gelingt, diese Ruhe zu sichern, gibt es wenig Zweifel, dass Spanien auch 2017 alle TouristenR­ekorde bricht.

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Foto: Julian Stratensch­ulte, dpa An spanischen Stränden wollen viele Urlauber unbeschwer­t ihre Ferien ver bringen.

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