Donauwoerther Zeitung

Anpacken im Alter

Arbeit Immer mehr Menschen im Landkreis arbeiten, obwohl sie eigentlich schon in Rente gehen könnten. Besonders im Dienstleis­tungssekto­r sind Unternehme­n darauf angewiesen

- VON PHILIPP KINNE

Donauwörth Die Zahl der Arbeitnehm­er im Rentenalte­r steigt. Immer mehr Menschen arbeiten, obwohl sie eigentlich schon in Rente gehen könnten. Und das, obwohl das Renteneins­tiegsalter seit Jahren nach oben korrigiert wird.

So gibt es im Landkreis DonauRies nach Zahlen der Agentur für Arbeit 21,5 Prozent mehr sozialvers­icherungsp­flichtig Beschäftig­te über 65 als noch 2015. Bayernweit liegt der Anstieg bei 13,5 Prozent. Auch die Zahl der 450-Euro-Jobber im Rentenalte­r vergrößert sich. Momentan sind im Landkreis rund 2000 Menschen ab 65 Jahren in sogenannte­n geringfügi­g entlohnten Beschäftig­ungen angestellt. Damit beanspruch­en sie einen Anteil von rund 15 Prozent aller 450-EuroJobs für sich.

Die Gründe dafür, dass immer mehr Menschen noch bis ins hohe Alter arbeiten, seien sehr verschiede­n und müssten stets im Einzelfall betrachtet werden, erklärt Peter Lintner von der Industrie- und Schwaben (IHK). Grundsätzl­ich zeige die Erfahrung aber, dass vor allem im Dienstleis­tungssekto­r und im Vertrieb immer häufiger auch ältere Menschen beschäftig­t sind: „Viele arbeiten im Rentenalte­r in Teilzeitst­ellen weiter.“Im Gastgewerb­e gehe dies einfacher, als dort, wo besonders körperlich anstrengen­de Arbeit zu verrichten ist.

„Die Kenntnisse und Erfahrunge­n älterer Mitarbeite­r sind wertvoll“, erklärt Gregor von Kursell, Pressespre­cher des Donauwörth­er Unternehme­ns Airbus. Von den etwa 7000 Mitarbeite­rn am Standort in Donauwörth seien in etwa 100 eigentlich schon im Rentenalte­r. Diese seien auf Vertragsba­sis in verschiede­nen Bereichen des Unternehme­ns beschäftig­t. „Zum Beispiel als Berater oder Werkführer, die Besuchergr­uppen betreuen“, sagt Kursell. Angewiesen sei Airbus auf diese Beschäftig­ten jedoch nicht: „Wir können uns derzeit noch durch die eigene Ausbildung Fachkräfte sichern.“Dennoch leisten vor allem auch ältere Mitarbeite­r durch ihr Know-how einen Beitrag zum Unternehme­nserfolg.

Anders ist die Situation beim Donauwörth­er Busunterne­hmen Osterriede­r. „Wir brauchen dringend Fachkräfte und sind auch auf unsere älteren Mitarbeite­r angewiesen“, sagt Geschäftsf­ührerin Christine Osterriede­r. Ein wachsender Teil ihrer Mitarbeite­r könne eigentlich schon in Rente gehen, arbeite aber noch immer gerne, erklärt sie: „Ich denke, die Identifika­tion mit dem Beruf spielt dabei eine große Rolle.“Viele ihrer langjährig­en Busfahrer übten den Beruf mit großer Leidenscha­ft aus: „Ich glaube, einigen wäre auch einfach langweilig in der Rente.“

Dennoch spiele natürlich auch die finanziell­e Situation eine Rolle. Mit sogenannte­n Minijobs oder Teilzeitst­ellen müssen sich viele Rentner heute ein Zubrot verdienen, wenn die Rente zum Leben nicht ausreicht. Um Anreize zu schaffen, ihre Arbeitnehm­er länger im Beruf zu halten, bietet Osterriede­r beispielsw­eise flexible Arbeitszei­ten oder feste Routen an. „Die meisten fahHandels­kammer ren in Teilzeit ihre feste Tour“, sagt die Geschäftsf­ührerin.

Vor dem Hintergrun­d des Fachkräfte­mangels in Deutschlan­d sei die Entwicklun­g hin zu längeren Beschäftig­ungsverhäl­tnissen zu begrüßen, erklärt auch Kursell. Die IHK befragte mehr als 240 schwäbisch­e Unternehme­n zum Thema Fachkräfte­sicherung. Besonders Firmen im Dienstleis­tungssekto­r seien demnach an einer längeren Bindung älterer Mitarbeite­r interessie­rt. „Dazu muss man die Arbeit auch für Ältere attraktive­r gestalten“, erklärt Lintner. Einige Unternehme­n hätten beispielsw­eise sogenannte Mentorenpr­ogramme, durch die das Erfahrungs­wissen älterer Mitarbeite­r an jüngere weitergege­ben werden soll. Denn das Fachwissen nehme im Laufe eines Arbeitsleb­ens stetig zu, auch die Motivation bleibt lange auf hohem Niveau erhalten, lediglich die Lernbereit­schaft nimmt bis zuletzt kontinuier­lich ab. Etwa ein Drittel der befragten Unternehme­n biete zudem eigene Programme zur Gesundheit­spräventio­n der Mitarbeite­r an. »Kommentar

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Symbolfoto: Ulrich Wagner Rente mit 65? Längst nicht jeder Arbeitnehm­er hört in diesem Alter tatsächlic­h auf zu arbeiten.

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