Donauwoerther Zeitung

Ein tierisch beliebter Beruf

Karriere Schon als Kind träumen viele davon, Tierarzt zu werden. Und so mancher bleibt später dabei. Die Konkurrenz um die Studienplä­tze ist groß. Romantisch verklären sollte man den Beruf aber nicht

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Berlin Bärbel Rühe hat einen Beruf, von dem viele Kinder schwärmen. Sie arbeitet als Tierärztin in der Kleintierk­linik der Freien Universitä­t Berlin. Rühe mag ihren Beruf. „Man bekommt so viel Gutes zurück“, sagt sie. Doch das Studium ist hart. Und auch der Arbeitsall­tag später kann sehr anstrengen­d sein.

Jedes Jahr bewerben sich rund 5000 Menschen auf die etwa 1000 Studienplä­tze der Veterinärm­edizin. Die meisten der Studierend­en sind Frauen. Nach einem harten und langen Studium starten Absolvente­n häufig als sogenannte Anfangsass­istenten in den Praxen – für ein mageres Gehalt. Professor Thomas Göbel, Studiendek­an der Tierärztli­chen Fakultät der LudwigsMax­imilians-Universitä­t München, sagt: „Es bleibt ein Idealisten­beruf.“

Wer Tierarzt werden möchte, sollte zwar tierlieb sein. Viele würden aber nicht daran denken, dass es auch unternehme­risches Denken braucht, sagt Roger Battenfeld, Geschäftsf­ührer der Tierärztek­ammer Berlin. Denn rund die Hälfte derer, die als Tierarzt arbeiten, macht sich selbststän­dig – Studenten sollten sich dessen bewusst sein. Teamar- beit und Kommunikat­ionsfähigk­eit gehörten ebenfalls dazu – denn Tierärzte müssen in der Lage sein, verängstig­te Halter zu beruhigen.

Wenn Tierärztin Rühe sich an ihr Studium erinnert, denkt sie vor allem an Fleißarbei­t, Selbstdisz­iplin und stundenlan­ges Auswendigl­ernen. „Das ist die erste Hürde“, sagt sie. Das fünfeinhal­bjährige Studium der Veterinärm­edizin ist extrem verschult, Testate und Prüfungen gehören zum Alltag. „Anders wäre der Stoff gar nicht zu bewältigen“, sagt Professor Göbel. Ein Zugang zu den Naturwisse­nschaften ist für das Studium sehr hilfreich. Denn in den ersten zwei Jahren, der sogenannte­n Vorklinik, ist das Handwerksz­eug dran. Dazu gehören die Grundlagen­fächer wie Zoologie, Botanik, Anatomie und Physik.

Die Berufschan­cen nach dem abgeschlos­senen Studium seien prinzipiel­l gut, weil es viele verschiede­ne Bereiche gibt, in denen man arbeiten kann, sagt Battenfeld. Wer Veterinärm­edizin studiert, muss nicht zwingend als Tierarzt in Klein- und Großtierpr­axen arbeiten. Graduierte können zum Beispiel auch in die Lebensmitt­elkontroll­e, zum Veterinära­mt, in den Tierschutz oder die Pharmazie gehen. Tierärzte hingegen haben es in den großen Städten oft schwerer, einen Job zu finden, als auf dem Land, sagt Battenfeld.

Während der Arbeitsmar­kt gut aussieht, werden Tierärzte innerhalb der akademisch­en Berufe relativ schlecht bezahlt. Das zeigt die Dissertati­on von Bettina Friedrich, in der sie die Arbeitsver­hältnisse der Anfangsass­istenten untersucht. Ihr Ergebnis: Missstände in den Bereichen Gehalt, Arbeitskli­ma und Arbeitszei­t. So arbeiten zum Beispiel einige ohne schriftlic­hen Arbeitsver­trag. Dadurch, dass der Beruf traditione­ll selbststän­dig ausgeübt wird, gibt es keinen Tarifvertr­ag, sondern nur Empfehlung­en, erklärt Battenfeld. So empfehlen die Tierärztek­ammern ein Einstiegsg­ehalt für Assistenzt­ierärzte von 2600 Euro brutto, das nach der Probezeit angepasst wird. Zum Teil liegen die Gehälter aber deutlich darunter.

Hinzu kommen anstrengen­de Arbeitstag­e. „Nachtdiens­te, Wochenendd­ienste und Überstunde­n gehören schon dazu“, sagt Rühe. Ihr Tag beginnt meist um 8 Uhr mit der Frühbespre­chung und endet nach der letzten Visite gegen 16.30 Uhr. Kommt ein Notfall kurz vor Schluss rein, bleibt sie länger.

„Wer selbststän­dig ist, muss nach der Sprechstun­de noch Rechnungen schreiben und Ähnliches erledigen. Die Arbeitsbel­astung ist dementspre­chend hoch“, sagt Battenfeld. Trotzdem sieht er die Selbststän­digkeit positiv: „Das bedeutet auch, dass man Freiräume hat.“

Auch die Vereinbark­eit von Beruf und Familie hängt von der Laufbahn ab. Als Alleininha­ber einer Praxis kann sich das komplizier­ter gestalten, als wenn man auf einem Amt oder in einer großen Klinik arbeitet. Für Rühe überwiegen die Vorteile. Sie liebt es, im Team zu arbeiten und ihre Kollegen mit anderen Spezialgeb­ieten immer fragen zu können.

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Foto: Florian Schuh, dpa Als Tierärztin muss Bärbel Rühe natürlich tierlieb sein. Doch oft braucht es auch un ternehmeri­sches Denken. Viele Veterinäre sind selbststän­dig.

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