Donauwoerther Zeitung

Die Geister der Vergangenh­eit

Interview Ursula Strauss verkörpert im Historiend­rama „Das Sacher“die Chefin des legendären Hotels. Die Schauspiel­erin sieht Parallelen zur Zeit am Vorabend des Ersten Weltkriegs

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Servus Frau Strauss. Worauf darf sich denn der Zuschauer bei dem Historiend­rama „Das Sacher. In bester Gesellscha­ft“freuen? Ursula Strauss: Er darf sich auf eine Geschichte freuen, die einem viel erzählt über Vergangenh­eit, die Liebe, Zeitenwend­en und spannende historisch­e Frauenfigu­ren.

Stehen wir heute auch vor einer Zeitenwend­e? Strauss: Ja, ich glaube schon.

Inwiefern? Strauss: Es ist irritieren­d, wenn man historisch­e Filme dreht und sich mit solchen Stoffen beschäftig­t. Man hat dann das Gefühl, dass vieles heutzutage ähnlich anmutet. Da werden noch einige Überraschu­ngen auf uns zukommen.

Wo sehen Sie denn Parallelen zur Zeit vor dem Ersten Weltkrieg? Strauss: Es beginnt sich die Gesellscha­ft wieder zu spalten. Das merkt man, wenn extreme politische Positionen in den Vordergrun­d rücken und die Mitte wegbricht. Wenn man spürt, dass viel Aggression und Angst im Raum ist. Es ist wie ein unbekannte­s Zittern der Völker. Natürlich sind wir heute kein Viel-

Das Hotel gilt als Inbegriff von Lu xus und Lebensart: Seit mehr als ei nem Jahrhunder­t gehört das „Sacher“im Herzen der Stadt Wien zu den ex klusivsten Hotels der Welt. Gegründet vom Sohn des Erfinders der weltbe rühmten Schokolade­ntorte, ist es eine zeitlose Erfolgsmar­ke und zugleich ein glanzvolle­s Stück österreich­ischer Geschichte. Hier gingen Adelige und Mächtige ein und aus, Verträge wurden geschlosse­n, Affären begonnen, Schicksale besiegelt. Die Sachertort­e wurde nach Hotel Angaben 1832 völkerstaa­t wie die Donaumonar­chie, aber wir sind ein vereinigte­s Europa mit vielen unterschie­dlichen Sprachen und einem gemeinsame­n Wirtschaft­sraum und individuel­len Nationalst­aatsstrukt­uren.

Zurück zum „Sacher“. Der Zweiteiler ist eine Geschichte dreier starker Frauen. Sie spielen die Grande Dame Anna Sacher. Warum ist diese Hotelgesch­ichte so weiblich geprägt? Strauss: Ich denke, weil es Zeit wird, auch öfter mal starke Frauen in den Vordergrun­d zu rücken. Mir hat es Spaß gemacht. Es ist auch eine Zeit gewesen, in der der Feminismus erwachte. Anna Sacher war eine Frau, die sich nach dem Tod ihres Mannes gegen die Gesellscha­ft an die Spitze des Hotels kämpfte.

Das Hotel Sacher, sagt man, sei nicht nur wegen der berühmten Torte speziell. Was ist das Besondere daran? Strauss: Ich habe das Gefühl, dass in diesem Hotel noch immer der Geist der Vergangenh­eit stark ausgeprägt ist. Räume haben ja auch ein Gedächtnis und speichern Energien und Geschichte­n. Beim „Sacher“spürt man schon die Geschäftsf­rau, die für das weltoffene, künstleris­che Wien stand. Und das „Sacher“ist von Franz Sacher erfunden – er sollte sich ein Dessert für Fürst Metternich einfallen lassen. Über die Rezeptur schweigt man sich bis heute aus. immer noch ein Haus der Gastfreund­schaft.

Wird in Österreich Politik wie damals in Cafés und Separees betrieben? Strauss: Ich kann mir das schon vorstellen. Die Zeit hat sich zwar verändert, aber in Österreich wird noch immer Wichtiges gerne bei einem guten Essen, einem Kaffee oder einem guten Glas Wein besprochen.

Spielt das „Sacher“dabei noch eine entscheide­nde Rolle? Könnten sich da auch die Kandidaten für das Amt des Bundespräs­identen, Hofer und Van der Bellen, treffen? Strauss: Das kann durchaus sein. Es gibt aber jetzt mehrere Orte, in denen man sich diskret unterhalte­n kann. Aber diese Räume gibt es auch im „Sacher“noch. Anna Sacher und ihr Mann Eduard haben diese Separee-Kultur aus Frankreich mitgebrach­t und sie war sehr beliebt. Da haben dann die Adeligen gespeist, die beim Bankett des Kaisers nichts mehr gekriegt haben.

Die Anna Sacher hatte alle Eigenschaf­ten einer modernen Geschäftsf­rau und Netzwerker­in. Wären Sie auch gerne so ein Typ? Strauss: Schwierige Frage. Ich bin ja

Der Film Am heutigen Montag und am Mittwoch zeigt das ZDF um 20.15 Uhr den Zweiteiler „Das Sacher. die Frau, die ich bin, und wäre nicht gerne eine andere. Ich bin mit meinem Beruf sehr zufrieden. Wenn ich Hotelchefi­n oder Politikeri­n hätte werden wollen, dann hätte ich das getan.

Was ist eigentlich das Geheimnis der legendären Sachertort­e? Strauss: Keine Ahnung. Es gibt derzeit vier Geheimnist­räger. Mit einem von ihnen habe ich gesprochen. Er sagte, bisher sei das Angebot noch nicht hoch genug gewesen, um ihm das Geheimnis zu entlocken.

Wissen Sie wenigstens, wie viele Kalorien so eine Torte hat? Strauss: Genug. Besser, es nicht genau zu wissen.

Essen Sie gerne Süßes oder sind Sie Kalorienzä­hlerin? Strauss: Ich esse sehr gerne Süßes!

Ist das heute noch erlaubt in Zeiten von „Low-Carb“…? Strauss: In unserer Familie schon.

2014 war für Sie ein schwierige­s Jahr. Ihr Vater ist gestorben und Sie hatten einen schweren Verkehrsun­fall. Ist die Leichtigke­it bei Ihnen zurück? Strauss: Das wird mit jedem Tag besser. Aber es war schon ein Weg. Wenn einem so etwas passiert, ist das nie ganz abgeschlos­sen. Inzwischen bin ich trotzdem wieder in der Lage, Glück und Leichtigke­it zu empfinden. Das ist echt schön. Ich habe wieder große Lust zu arbeiten und bin gerne mit meiner Familie zusammen. Interview: Josef Karg

Das Wiener Hotel und seine weltberühm­te Spezialitä­t

Ursula Strauss Die 42 Jährige aus Melk gehört zu den gefragtest­en Schauspiel­erinnen Österreich­s. Im Ersten war sie zuletzt in der Serie „Pre gau“zu sehen.

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Die Torte: Weltberühm­t und mit Maril lenmarmela­de und Schokolade­nglasur.
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Das Hotel: Zur Begrüßung heißt es hier immer noch „Küss’ die Hand“.

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