Style und das „Dorf“
Der deutschlandweit bekannte Rapper Kay One begeistert im Kingz. Vor allem ein Hit aus der Vergangenheit sorgt für Stimmung – am Tag danach gibt es eine tragische Nachricht
Nördlingen Es ist kurz vor zwei Uhr nachts, als David Alaba eine Einladung nach Nördlingen erhält. „Hier ist richtig, richtig Full House“, wird der Star des FC Bayern kurz darauf der Sprachnachricht entnehmen. „Komm vorbei, wenn du morgen kein Spiel hast.“Kenneth Glöckler nimmt sein Handy vom Mund weg und grinst. „Das kostet aber 10000 Euro extra.“
Glöckler, deutschlandweit bekannt als Kay One, sitzt auf einer schwarzen Couch in einem Hinterzimmer des Kingz. Kurz vor seinem Auftritt ist er mit seinem Smartphone beschäftigt, verschickt Videos und Sprachnachrichten. Um ihn herum ein Team von rund einem Dutzend jungen Männern, die ihn nach Nördlingen begleitet haben, dazu Vertreter des Kingz.
Mit der Verpflichtung des 32-Jährigen ist der Diskothek, die zuletzt eher für Negativ-Schlagzeilen gesorgt hat, ein Coup gelungen.
Nach dem Auftritt kommt es zu einer Rangelei
Samstagnacht ist mit Kay One immerhin einer der populärsten deutschsprachigen Rapper ins Ries gekommen, auch bekannt aus diversen TV-Shows, unter anderem „Deutschland sucht den Superstar“.
Dementsprechend groß ist der Andrang. Um kurz vor ein Uhr gibt es einen Einlassstopp – der Klub ist voll. Eine Stunde später versammelt sich das Partyvolk vor dem DJ-Pult. Viele filmen mit Handys, stellen sich auf Barstühle. Unter großem Lärm betritt Kay One die Bühne. „Seid ihr lauter als München?“, begrüßt er sein Publikum.
Dann geht es los. 30 Minuten rappt und mixt Glöckler. Der Saal heizt sich derart auf, dass er öfters den Schweiß im Gesicht mit einem Handtuch wegwischen muss. Stimmungshöhepunkt ist ein „Sprung in der Zeit“, wie es Kay One ankündigt: „Style und das Geld“aus dem Jahr 2010, sein wohl bekanntester Hit.
Auch sonst kommt der Rapper mit Sonnenbrille beim Publikum gut an. Dafür reichen die einfachsten Mittel der Stimmungsmache. „Jo Nördlingen“, „Seid ihr gut drauf?“, „Wo sind die Hände?“– Glöckler beherrscht das Einmaleins einer jeden Klubshow. Auch seinen Kumpel vom FC Bayern bringt er stimmungsbringend ein. „Wollt ihr, dass Alaba vorbeischaut?“, fragt er und filmt die enthusiastischen „Alaba“-Rufe der Menge.
Nach dem Auftritt zieht er sich in einen Seitenbereich der Disco zurück. Dass der nur mit einem Vorhang geschützt ist, wird den Sicherheitskräften fast zum Verhängnis. Offenbar wegen einer Frau, die den Rapper um ein gemeinsames Bild bittet, rastet ein Besucher aus und schlägt um sich. Erst an der Schwelle zum Künstlerbereich gelingt es dem Sicherheitspersonal, die Kontrolle zurückzuerlangen.
Trotz banalem Konfliktauslöser – Verantwortliche des Kingz sprechen von „Kindergarten“– gibt es in der Folge auf Wunsch von Kay One, offenbar aus Sicherheitsgründen, eine Programmänderung. Statt für das Fotoshooting mit Fans in den Vorraum der Disco zu wechseln, bleibt Kay One, wo er ist. Einzeln dürfen sich Gäste neben ihn setzen und sich mit ihrem Star fotografieren lassen. Der nimmt sich für jeden Zeit und reckt abwechselnd den erhobenen Daumen oder das Peace-Zeichen in die Kamera.
Erst frühmorgens verlässt Kay One mit seiner Gefolgschaft die Diskothek. Die ist hochzufrieden mit dem Auftritt des Stargastes. Auch wenn ein solches Event mehr für das Image und die Gäste als für den Geldbeutel bringt, sagt Betreiber Victor Lebedew. Liegt die Gage für den Rapper und sein Team doch im „mittleren fünfstelligen Bereich“. Darunter fallen unter anderem auch die Übernachtungskosten für das Hotel Klösterle. Immerhin: Für David Alaba sind keine Kosten mehr fällig. Der kommt trotz mehrfacher Einladung nicht mehr. Er hatte die Nachrichten zu spät gesehen.
Auch so war Kay One vom Abend begeistert. Die „Location“im Kingz sei „unerwartet top“gewesen, schwärmt er im Interview mit unserer Zeitung. „Die Leute sind mega abgegangen.“Auch, weil man „auf dem Dorf“eben dankbar wäre für solche Events, sagt er.
Tags darauf erreicht den Rapper eine tragische Nachricht. Auf dem Nachhauseweg von Nördlingen kollidiert am Sonntagnachmittag ein Mitglied seiner Gruppe mit einer Geisterfahrerin. Der 20-Jährige stirbt noch an der Unfallstelle. „Gestern haben wir noch die Party des Jahres gefeiert und heute hast du uns für immer verlassen“, trauert Kay One am Sonntagabend auf Facebook. Am Montag veröffentlicht er ein Video, in dem auch der wohl letzte Post seines Kumpels zu sehen ist. „Nördlingen war sehr krass gestern“, hat der Verstorbene offenbar kurz vor der Abreise veröffentlicht. Dazu die Bitte angesichts der winterlichen Verhältnisse: „Fahrt vorsichtig.“