Die Frage der Woche Ins Weiße Haus einziehen?
Klar könnte man sagen: Twittern kann ein Präsident auch aus seinem Tower in New York, aus Moskau, Entenhausen oder aus einem Maurerpolier-Container an der mexikanischen Grenze. Warum also ins Weiße Haus, wo die Schreibtische sicher nicht groß genug sind für all das Zeug, das sich im Leben großer und allergrößter Männer so ansammelt? Im virtuellen Internetzeitalter ist der feste Ort doch sowieso nur noch ein Fake, eine Art billige Fototapete für Touristen, oder?
Nichts da. Wenn es eine Residenzpflicht für Asylbewerber gibt, dann doch wohl erst recht für Präsidenten mit Vorbildfunktion. Wir brauchen diese realen Schauplätze, die Gewissheit: Wo Regierungssitz draufsteht, ist auch Regierung drin, wo draußen Amtssitz ausgeschildert ist, wird drinnen auch eines Amtes gewaltet. Frankreichs Präsident residiert im Élysée, Großbritanniens Regierungschef/in in Downing Street Number 10 – und der amerikanische Präsident samt Familie gehört ins White House, Washington. Das ist, auch symbolisch, ein Erdgeschoss-Dasein mit Tür in den Rosengarten und kein abgehobenes Penthouse-Geschwebe über allem, mit zu viel Blattgold und zu wenig Bodenhaftung. Es gibt genügend Flügel im Weißen Haus, um nicht nur Footballhelmsammlungen und die Familie unterzubringen, sondern auch für Haustiere und das eigene Ego ist ausreichend Raum. Auch Steckdosen für den Föhn gibt’s genug. Donald Trump zieht erst mal als Single in den Kreml des Westens ein, weil seine Frau Melania und der zehnjährige Sohn Barron lieber im Tower in New York bleiben? Nichts da. Wer die Nato auflösen, BMW ruinieren und Muslime abschaffen will, der sollte ja wohl auch den eigenen Laden so im Griff haben, dass der Anhang mitzieht. Ist ja nicht für ewig.
In Washington D.C. waren wir ein einziges Mal im Leben. Und zwar auf dem dortigen Flughafen. Als wir nach Hause kamen und vom Zwischenstopp erzählten, hat kein einziger gesagt: „Wie, und da hast du die Zeit nicht genutzt, um dir mal die Stadt anzusehen?“Wenn man dagegen in New York nur zwischenlandet ohne Zeit für einen kurzen Stadtbummel, ist einem Mitleid von allen gewiss. Weil alle immerzu nach New York wollen! Wer aber will eigentlich nach Washington? Eben. Nicht einmal Melania Trump und zumindest in dieser Hinsicht hat die Frau unser Verständnis. Vor die Wahl gestellt, goldenes Penthouse in Manhattan oder weißes Haus in der Hauptstadt, würden auch wir immer das Penthouse nehmen (zumal wir dann in Ruhe das ganze Blattgold von den Möbeln und Wänden schaben würden und es nebenan zu Tiffany oder zu Katz’s Delicatessen tragen würden). Das Weiße Haus hingegen ist aber nicht einmal strahlend weiß, sondern nur cremefarben und im Vergleich zum Trump-Tower ein zweihundert Jahre alter Kasten. Abgewohnt also. Und auch wenn nun ein wenig neu gestrichen wurde, überall sind Spuren der Vorgänger. Man setzt sich aufs Sofa und weiß, da ist einst George Bush jr. runtergefallen, als er sich an einer Salzbrezel verschluckte. Mag man das? Oder die Badewanne benutzen, in der sich schon Bill Clinton aalte? Und vermutlich kaum Blattgold an den Wänden! Der Pool ist im Übrigen seit Jahren stillgelegt, das aber nur am Rande. Warum also den Sohn umschulen, rausreißen aus gewohnter Pracht? Damit er sich womöglich in einem der 132 Räume verirrt? So lang sind dort die Flure, dass er sich vermutlich mit seinem Echo unterhalten kann. Heimelig aber sieht anders aus! Warum also: Weil es sich gehört? Da steht die Familie Trump doch drüber!