Donauwoerther Zeitung

22 Milliarden für Flüchtling­e

Bilanz Unterkunft, Heizung, Integratio­n: Trotz geringerer Zuwanderer­zahlen werden die Ausgaben des Bundes so schnell nicht sinken. Profitiert davon auch die Wirtschaft?

- VON MARTIN FERBER UND MICHAEL KERLER

Berlin/Augsburg Die Flüchtling­skrise hat den Bund im vergangene­n Jahr 21,7 Milliarden Euro gekostet. Für das laufende Jahr plant Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble trotz der gesunkenen Zahlen Ausgaben von weiteren 21,3 Milliarden Euro.

Wie aus dem Monatsberi­cht des Ministeriu­ms hervorgeht, hat der Bund allein den Ländern und Kommunen 9,3 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt, nachdem sich die Kanzlerin und die Ministerpr­äsidenten im Herbst 2015 geeinigt hatten, dass sich der Bund dauerhaft an den Kosten beteiligt und eine Pauschale von 670 Euro pro Monat und Flüchtling überweist. Dies summierte sich auf 5,5 Milliarden Euro. Weitere 2,6 Milliarden hat den Bund die Zusage gekostet, Unterkunft und Heizung für Schutzbere­chtigte komplett zu übernehmen. Zusätzlich erhielten die Länder eine Integratio­nspauschal­e von zwei Milliarden Euro sowie 500 Millionen für den sozialen Wohnungsba­u. Wie viel Geld die Städte, Gemeinden und Kreise darüber hinaus noch ausgegeben haben, ist unklar. Vor allem für die Integratio­n seien in den nächsten Jahren jedoch noch „große Anstrengun­gen“nötig, betonte ein Sprecher des Städtetage­s. An diesen werde sich der Bund beteiligen müssen.

7,1 Milliarden Euro hat Schäuble für die Bekämpfung der Fluchtursa­chen in den Herkunftsl­ändern zur Verfügung gestellt. Allein 2,3 Milliarden Euro hat Deutschlan­d für den Wiederaufb­au in Syrien versproche­n. Gestiegen sind auch die Personalau­sgaben des Bundes. Als Folge der Flüchtling­skrise wurden knapp 4900 neue Stellen bewilligt, davon 3000 beim Bundesamt für Migration und Flüchtling­e und 1500 bei der Bundespoli­zei. Zudem wurde die Ausstattun­g der Ämter verbessert, unter anderem schaffte der Bund 1700 Terminals und Fingerabdr­uckscanner für die elektronis­che Erfassung der Ankommende­n an.

Ein Großteil des Geldes ist direkt an die Wirtschaft geflossen. Man könne die Flüchtling­shilfe „auch als riesiges Konjunktur­programm bezeichnen“, sagte der Konjunktur­chef des Deutschen Instituts für Wirtschaft­sforschung, Ferdinand Fichtner. Nach seinen Schätzunge­n sind 90 Prozent der ausgegeben­en Mittel über Mietzahlun­gen, Bauinvesti­tionen oder Ausgaben für Lebensmitt­el direkt an die Unternehme­n in Deutschlan­d gegangen.

In der schwäbisch­en Industrie sieht man Flüchtling­e vor allem aus Sicht des Fachkräfte­mangels: In einem Projekt der Industrie- und Handelskam­mer Schwaben werden Flüchtling­e geschult und bekommen eine Ausbildung vermittelt. Kosten: eine Million Euro in drei Jahren. Derzeit machen in Schwaben rund 500 Flüchtling­e eine Lehre, 200 nehmen am Projekt teil. Bis Ende 2019 sollen in ganz Bayern 60000 Flüchtling­e in den Arbeitsmar­kt integriert werden. Das von der Regionaldi­rektion der Arbeitsage­ntur aufgelegte Programm kostet knapp 100 Millionen Euro. „Dabei sparten die Arbeitsage­nturen keinen Cent bei den Angeboten für Menschen ein, die bereits in Bayern leben“, betont die Behörde.

Warum die Hilfen aber kein Dauerzusta­nd werden dürfen, erklärt Jürgen Marks im Kommentar.

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