Die Frage der Woche Reste einpacken lassen?
Angesichts der Zahlen ist doch alles klar: 18 Millionen Tonnen Lebensmittel werden in Deutschland jedes Jahr weggeworfen – 18 Prozent davon in Restaurants. Das entspricht mehr als drei Tonnen Nahrung, die man noch essen könnte. Mit einem „Doggy Bag“kann man dieser Lebensmittelverschwendung entgegenwirken und sich am nächsten Tag noch über etwas Leckeres freuen, wenn die Kantine mal wieder versagt hat. Wer sich Reste einpacken lässt, genießt zwei Mal und tut auch noch etwas Gutes (vorausgesetzt, es wird in Pappe und nicht in Styropor oder Alu mitgegeben). Damit wäre alles gesagt. Und was ist nun mit dem restlichen Platz des Artikels? Keine Angst, den müssen Sie jetzt nicht ausschneiden, oder so, der wird schon noch verwendet.
„Doggy Bags“wurden nach Recherchen der Smithsonian Institution in den 40er Jahren des 20. Jahrhunderts erfunden. Während des Zweiten Weltkrieges war durch die Lebensmittelrationierungen auch in den USA das Essen knapp. Hundebesitzer bekamen daher Probleme, genug Futter für ihre Tiere aufzutreiben. So kam es, dass Restaurants ihren Gästen anboten, Essens- und Knochenreste aus der Küche für Fiffi & Co einzupacken. Später waren die Portionen dann wieder so groß, dass sie fast nicht zu schaffen waren. Da kamen die ersten Amerikaner auf die Idee, ein „Doggy Bag“für sich zu verwenden. Inzwischen sind die meisten „Hundebeutel“ohnehin für die Wiederverwertung auf dem Teller eines Zweibeiners gedacht.
Für alle, die sich ans Resteeinpacken nicht gewöhnen können: Selbst in Frankreich, wo es bisher verpönt war, sich etwas aus dem Restaurant mit nach Hause zu nehmen, gelten ein „petit sac pour emporter les restes“nicht mehr als bäh.
Klosterschwestern in Bayern sind vom Aussterben bedroht. Wieder muss ein Nonnenkloster schließen. Diesmal ist es das Birgitten-Kloster in Altomünster im Landkreis Dachau, das seinen Ordensbetrieb einstellen muss, weil es keinen Nachwuchs mehr findet. Das ist einerseits bedauerlich, führt aber andererseits weg von unserem Thema, oder?
Nein. Wahrscheinlich gab es noch nie so viele junge Menschen wie heute, die sich mit einem Eifer, den man schon fast missionarisch nennen muss, einer Sache verschrieben haben: der Rettung der Welt. Devot und frohgemut unterwerfen sich diese weltlichen Ordensleute Regeln, die sie von entrückten Heilsbringern empfangen. Mit Hingabe und Akribie pflegen sie Rituale, die Außenstehenden für immer verschlossen bleiben. Ihr Glaubensbekenntnis: Der Weltuntergang ist nah, entkommen kann ihm nur, wer im Hier und Jetzt für seine Sünden büßt. Ihre Mission: Nicht ruhen, bevor nicht alle Welt bekehrt ist. Auch so kann man sein Leben mit Sinn füllen. Problematisch wird es nur, wenn man Teil der Welt ist, die noch nicht bekehrt ist. Und damit nehmen wir jetzt doch noch die Kurve zum Thema. Wer im Restaurant nicht aufisst, begeht keine Todsünde, sondern trifft eine individuelle Entscheidung, die keinen etwas angeht. Vielleicht hat es nicht geschmeckt. Vielleicht war die Portion größer als gedacht. Na und? Ein Restaurantbesuch sollte Genuss und Erlebnis sein. Reste sind die Erinnerung an einen schönen Moment, aufgewärmt schmecken sie schal und machen nicht satt. Sie mitzunehmen ist der zum Scheitern verurteilte Versuch, das schlechte Gewissen zum Schweigen zu bringen, das den Weltretter nach seinem Sündenfall befällt. Segensreicher wären da Exerzitientage im Kloster.