Ein Ort in Trauer
Nach dem Tod von sechs Teenagern steht die kleine fränkische Stadt Arnstein unter Schock. Über die Ursache des Unglücks gibt es Spekulationen
Das kleine Häuschen hinter dem mit Grünspan bedeckten Gittertor steht geduckt am Hang. Schnee liegt auf den verwitterten Dachziegeln. Ein silberner Bus der Kripo steht vor dem Haus, Männer der Spurensicherung in weißen Anzügen kommen hin und wieder aus dem Gebäude und tragen Proben zum Bus. Es ist der Tag danach: An diesem Ort starben sechs junge Menschen.
Die 18- und 19-Jährigen wollten am Samstagabend eine Party feiern. Um zu dem kleinen Haus am Hang zu kommen, muss man von der Landstraße auf einen schmalen Weg abbiegen und mehrere Minuten durch schneebedeckte Felder fahren – diese Abgeschiedenheit wollten die jungen Leute wohl nutzen. Am Sonntagmorgen fand der Vater eines Geschwisterpaars seinen Sohn und seine Tochter mit ihren Freunden tot in der Laube.
„In die Situation reinversetzen kann sich keiner“, sagt eine Frau im Café in der Ortsmitte von Arnstein. Sie sitzt mit zwei Freundinnen in einer Ecke des Backshops. Die drei Frauen um die 40 haben Kaffee vor sich stehen. „Unsere Kinder sind noch kleiner, aber man überlegt sich schon: Was wäre, wenn das jetzt unsere Kinder wären?“
Der 8000-Einwohner-Ort Arnstein im unterfränkischen Landkreis Main-Spessart liegt knapp 30 Kilometer nördlich von Würzburg. Die fünf toten Jungs und das tote Mädchen kamen alle aus der Gegend. Zwei Jungen stammen aus Eußenheim (Landkreis Main-Spessart), einer aus Wasserlosen (Landkreis Schweinfurt), zwei Jungen und das Mädchen aus Arnstein. „Man weiß schon, wer das ist“, sagt die Frau im Café. Man kenne sich im Ort. Aber Kontakt zu den Eltern der toten Jugendlichen habe noch keiner gehabt. „Da können wir nur gute Gedanken schicken“, sagt eine Frau.
Wie die sechs zu Tode kamen, ist bislang unklar. Für ein Verbrechen fand die Polizei zunächst keine Hinweise. In der Laube sei ein Holzofen in Betrieb gewesen. Ob der aber das Drama ausgelöst habe – das sei reine Spekulation. In Medienberichten ist zu lesen, dass die Ermittler bei der Begehung der Hütte Drogen gefunden haben. Um welche es sich handelt, sei noch nicht bekannt. Die Teenager sollen sich aber demnach bei Facebook regelmäßig übers Kiffen ausgetauscht haben.
Eine am Montag angeordnete Obduktion soll Klarheit bringen. Das Blut der Opfer wollen die Ermittler „auf etwaige körperfremde Stoffe“untersuchen, wie die Würzburger Staatsanwaltschaft und die Polizei mitteilten. Die Ermittlungen würden aber noch einige Zeit in Anspruch nehmen.
Vor der Tür des Rathauses weht Trauerflor an der Stadtfahne. Als ihn die Nachricht von dem schrecklichen Fund erreichte, kam der zweite Bürgermeister von Arnstein, Franz-Josef Sauer (CSU), gerade aus dem Gottesdienst. Sofort fuhr er zu dem Gartenhäuschen. „Dem betroffenen Vater in die Augen zu sehen – das kann man in keiner Schule lernen“, sagt er sichtlich betroffen. Zu den Ermittlungen will er sich nicht äußern, das sei Aufgabe der Polizei. „Heute gilt unsere ganze Fürsorge den Betroffenen“, betont er. Die Tragödie sei an keinem Bewohner spurlos vorbeigegangen. Eine Trauerfeier gestern Abend sollte helfen, die Schmerzen zu lindern. Gedacht war sie ausdrücklich nur für Angehörige und Freunde der Toten. Man wolle die Betroffenen vor der Öffentlichkeit schützen, bat Sauer um Verständnis.
Waren Drogen im Spiel?