Höchstädts umstrittenste Baustelle
Behördenverlagerung Die Bewertungsstelle des Münchner Finanzamts ist aufs Land gezogen. Das hat sogar Mario Barth interessiert
Höchstädt Der Eintrag, den Bayerns Finanzminister Markus Söder ins Goldene Buch der Stadt Höchstädt schreibt, ist kurz. „Endlich geschafft!“Der knappe Satz ist ein Gegenstück zur Debatte um die neue Bewertungsstelle des Finanzamts München, die am Montag in Höchstädt eröffnet wurde. Keine andere Baustelle der Donaustadt hat überregional jemals so viel politischen Wirbel verursacht. Söder nennt das Elf-Millionen-Euro-Projekt „die am meisten diskutierte Behördenverlagerung der jüngsten bayerischen Geschichte“. Dort werden 57 Mitarbeiter den Einheitswert von Grundstücken im Münchner Raum bewerten, damit die Grundsteuer festgesetzt werden kann.
Neben der Bewertungsstelle sollte für 6,8 Millionen Euro eine Unterkunft für Lehrer entstehen. Die Fortbildung der Pädagogen war im Höchstädter Schloss, das mit seinen Museen nicht ausgelastet ist, angedacht. Die Staatsregierung hat aber den zweiten Bauabschnitt nach der Kritik des Bayerischen Obersten Rechnungshofs (ORH), der den Nachweis für den Fortbildungsbedarf einforderte, auf Eis gelegt.
Die Abgeordnete Claudia Stamm (Grüne) forderte noch Ende 2015 den Stopp der Behördenverlagerung von München nach Höchstädt – die Heimat des CSU-Landtagsabgeordneten Georg Winter. Sie hielt den Christsozialen Mauscheleien vor. Der frühere Finanzminister Georg Fahrenschon und sein Nachfolger Markus Söder hätten Winter, dem damaligen Vorsitzenden des Haushaltsausschusses, mit der Verlagerung wohl einen Gefallen getan, vermutete Stamm. Aus der geplanten Sanierung sei zudem ein Neubau geworden. Denn die Akten der Finanzbehörde wären für die Decken des alten Krankenhauses zu schwer gewesen. Am Ende schaffte es Höchstädt bundesweit ins Fernsehen – in die RTL-Sendung „Mario Barth deckt auf“. Dass die Stadt das 9500 Quadratmeter große Grundstück für nur zwei Euro verkauft hat, sorgte für Staunen. Quintessenz der Barth-Recherche: „Es wurde fast jedes Gesetz gebrochen außer eines: Die CSU schafft an.“
Von den Turbulenzen ist am Montag nichts mehr zu spüren. Söder spricht von einer „Win-win-Situation“. Die Behördenverlagerung sei aktive Strukturpolitik. Der Kreis Dillingen sei ein Raum mit besonderem Handlungsbedarf. Es gehe darum, „die Ballungszentren etwas zu entschleunigen und auf dem Land etwas zu beschleunigen“. Für den Günzburger Thomas Groß, der bisher nach München pendelte, hat sich die Verlagerung rentiert. Der Abteilungsleiter ist zufrieden: „Ich brauche täglich eineinhalb Stunden weniger auf dem Weg zur Arbeit.“