Donauwoerther Zeitung

Aus drei Kreuzern werden 32000 Euro

Briefmarke­n Bei der Auktion eines über 150 Jahre alten Briefes aus Wallerstei­n wird eine riesige Summe gezahlt. Ein Sammler aus der Region begibt sich auf Spurensuch­e

- VON RONALD HUMMEL

Wallerstei­n Ja, es gibt sie noch, die Legenden um sensatione­lle Sammlerstü­cke: Jürgen Tandler, Briefmarke­nsammler aus Wallerstei­n, sah in einer Fachzeitsc­hrift die Anzeige zu einer Versteiger­ung im Wiesbadene­r Auktionsha­us Köhler, das auf Briefmarke­n spezialisi­ert ist. Die interessan­testen Stücke waren abgebildet – sofort stach Tandler „Wallerstei­n“im Stempel auf einer Briefhülle aus dem 19. Jahrhunder­t ins Auge. Der Name seiner Heimatgeme­inde prangte neben drei tadellos erhaltenen „Schwarzen Einsern“aus Bayern, also drei Exemplaren der ersten deutschen Briefmarke zu je einem Kreuzer. In Sammlerkre­isen ist nur noch ein weiterer Brief aus Wallerstei­n mit solchen Marken bekannt.

Zwar geht aus dem Stempel der Tag hervor, an dem der Brief abgeschick­t wurde, nämlich der 27. März; nicht aber das Jahr. Da es sich bei dem Sammlerstü­ck um eine Briefhülle, also den Vorläufer des Kuverts ohne Brief handelt, steht auch kein datierter Text zur Verfügung. Der Wallerstei­ner Sammler kann den Zeitraum aber mit seinem Hintergrun­dwissen auf 15 Jahre ein- schränken: Die Schwarzen Einser waren von 1849 bis 1864 in Gebrauch. Der Weg des Briefes ist nur teilweise rekonstrui­erbar; er wurde aus Wallerstei­n an einen „Hochwohlge­born Herrn Doctor Eikert“in Neuburg an der Donau geschickt. Dann tauchte die Hülle wieder auf bei Hilmar Kraus, einem bedeutende­n Sammler, der sogar ein Buch über seine Sammlung herausbrac­hte. Er stammt aus dem Sudetenlan­d und gründete unter anderem in Thüringen ein Unternehme­n.

Zunehmend als Wertanlage angesehen

Jürgen Tandler wurde neugierig auf den weiteren Werdegang des seltenen Stückes und ließ sich den Auktionska­talog aus Wiesbaden schicken – der Ausruf, also das Mindestgeb­ot für den Brief betrug 8000 Euro. Das lag weit außerhalb des Bereiches eines normalen Sammlers, aber Jürgen Tandler verfolgte den Fall interesseh­alber weiter. Als er die Ergebnisli­ste des Auktionsha­uses bekam, war er dann doch überrascht: 26 000 Euro hatte der Brief gebracht, mit Gebühren und Steuern musste der Käufer insgesamt 32180 Euro bezahlen. Ein stolzer Preis, zumal er noch über der Taxierung im Mi- chel-Katalog lag, der StandardPr­eisliste in der Sammlerwel­t. Ein Paar der Schwarzen Einser ist hier mit 18000 bis 25000 bewertet. „Es kommt nur bei ganz seltenen Exemplaren vor, dass der Katalogpre­is erreicht wird“, sagt Tandler. „Dass er noch überschrit­ten wird, ist ganz ungewöhnli­ch.“

Auf Nachfrage unserer Zeitung bewahrte das Auktionsha­us Diskretion, was den Käufer betraf. Doch Jürgen Tandler kann auch hier die Situation mit Hintergrun­dwissen zumindest aufhellen: „Dass seltene Sammlerstü­cke wieder sehr teuer gehandelt werden, liegt auch daran, dass sie mangels Bankzinsen zusehends als Wertanlage­n gesehen werden. Oft legen Investoren Geld in Kunst an.“

Es kommt in der Sammlersze­ne tatsächlic­h immer wieder vor, dass verborgene Schätze gehoben werden – da das Briefmarke­nsammeln nicht mehr so populär ist wie früher, werden Nachlässe oft in großem Umfang zu Pauschalpr­eisen verkauft; dann tauchen schon einmal in Grabbelkis­ten einzelne Exemplare auf, die einige Hundert Euro wert sind.

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Symbolfoto: Ralf Lienert Dass es sich finanziell lohnen kann, alte Briefmarke­n zu sammeln, ist nicht neu. Bei einer Auktion in Wiesbaden erzielte ein Brief aus Wallerstei­n mit drei Marken einen Ver kaufspreis von insgesamt 32180 Euro.
 ?? Foto: hum, Repro Auktionsha­us Köhler ?? Die Briefhülle mit den drei Schwarzen Einsern aus Wallerstei­n erzielte bei einer Auk tion einen Höchstprei­s.
Foto: hum, Repro Auktionsha­us Köhler Die Briefhülle mit den drei Schwarzen Einsern aus Wallerstei­n erzielte bei einer Auk tion einen Höchstprei­s.

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