Intimer Besuch mit Folgen
Gericht Ein Mann will in Donauwörth für bestellte Liebesdienste nicht zahlen. Frau setzt Pfefferspray ein
Nördlingen/Donauwörth Ganz in Schwarz gekleidet sitzt die junge, zierliche Frau da. Sie wirkt verschüchtert, schnieft zwischendurch und wischt sich Tränen aus dem Gesicht. Von Beruf sei sie Hausfrau, sagt sie. Momentan besuche sie eine Abendschule und wolle das Abitur nachholen. Ihre anderweitige Tätigkeit habe sie aufgegeben.
Bis vor Kurzem war das noch anders. Da bot sie unter einem Pseudonym ihre Liebesdienste an – als Domina. Auch in Donauwörth hatte die 28-Jährige, die mal im nördlichen Franken, mal in den neuen Bundesländern lebte, einen Kunden. Bei einem Hausbesuch in Nordschwaben gab es jedoch Ärger. Der Mann wollte nach den sexuellen Handlungen offenbar nicht das vereinbarte Honorar von 150 Euro bezahlen. Die Dame zog deshalb ein Pfefferspray aus ihrer Tasche und sprühte dem Freier ins Gesicht. Der rückte dann doch noch mit dem Geld heraus. Für die Frau hat der in der Region wohl nicht alltägliche Streit nun ein Nachspiel vor dem Amtsgericht Nördlingen.
In jener Nacht sorgte die Auseinandersetzung zunächst für große Aufregung. Der durch das Spray benommene Mann verließ die Wohnung und fiel Passanten auf. Er wurde ins Krankenhaus gebracht und erzählte dort dem Personal, er wäre überfallen worden. Deshalb liefen umfangreiche Ermittlungen der Polizei an, anfangs sogar wegen des Verdachts eines versuchten Tötungsdelikts. Bald darauf reduzierten sich die Vorwürfe auf gefährliche Körperverletzung. Anzeigen wollte das Opfer dies nicht. Weil es sich beim genannten Straftatbestand aber um ein sogenanntes Offizialdelikt handelt, musste die Kripo den Fall von Gesetzes wegen verfolgen.
Bis der Prozess stattfinden konnte, verging viel Zeit. Denn einem Kripobeamten zufolge war es gar nicht so leicht, die Beschuldigte ausfindig zu machen. Die wurde schließlich in Oberfranken festgenommen – und kam kurzzeitig in Untersuchungshaft. 2015 zog die 28-Jährige um und war nicht auffindbar. Sie habe gedacht, die Sache sei erledigt, erklärte die Frau. War es aber nicht. Das Gericht kannte kein Pardon: Als die Gesuchte in Thüringen dingfest gemacht werden konnte, wanderte sie im Sommer 2016 in Untersuchungshaft – und saß bis zur Verhandlung sieben Monate im Gefängnis.
In dem Prozess ist die Angeklagte geständig und durch die Haft sichtlich geläutert. Ihr Kunde aus Donauwörth ist – was ihm sichtlich unangenehm ist – als Zeuge geladen. Er teilt mit, dass er keinen Groll gegen die Frau hege. Im Gegenteil: Man habe auch nach dem Vorfall „immer wieder mal Kontakt“gehabt.
Richterin Andrea Eisenbarth verurteilt die 28-Jährige, die bereits acht Vorstrafen diverser Art hat (unter anderem wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis und Diebstahl), zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten zur Bewährung. Dem Urteil ging ein Verständigungsgespräch mit dem Verteidiger und der Staatsanwältin voraus.
Die lange Haft und das Geständnis mildern laut Eisenbarth die Strafe: „Es hätte für das Opfer sehr unangenehm werden können, über Details der Dienstleistungen zu sprechen.“
Nach dem Urteil wird die Frau, die bei ihrer Tätigkeit als „Herrin“auftrat, auf freien Fuß gesetzt. Sie fällt ihrem Freund überglücklich und völlig aufgelöst um den Hals.