Donauwoerther Zeitung

Intimer Besuch mit Folgen

Gericht Ein Mann will in Donauwörth für bestellte Liebesdien­ste nicht zahlen. Frau setzt Pfefferspr­ay ein

- VON WOLFGANG WIDEMANN

Nördlingen/Donauwörth Ganz in Schwarz gekleidet sitzt die junge, zierliche Frau da. Sie wirkt verschücht­ert, schnieft zwischendu­rch und wischt sich Tränen aus dem Gesicht. Von Beruf sei sie Hausfrau, sagt sie. Momentan besuche sie eine Abendschul­e und wolle das Abitur nachholen. Ihre anderweiti­ge Tätigkeit habe sie aufgegeben.

Bis vor Kurzem war das noch anders. Da bot sie unter einem Pseudonym ihre Liebesdien­ste an – als Domina. Auch in Donauwörth hatte die 28-Jährige, die mal im nördlichen Franken, mal in den neuen Bundesländ­ern lebte, einen Kunden. Bei einem Hausbesuch in Nordschwab­en gab es jedoch Ärger. Der Mann wollte nach den sexuellen Handlungen offenbar nicht das vereinbart­e Honorar von 150 Euro bezahlen. Die Dame zog deshalb ein Pfefferspr­ay aus ihrer Tasche und sprühte dem Freier ins Gesicht. Der rückte dann doch noch mit dem Geld heraus. Für die Frau hat der in der Region wohl nicht alltäglich­e Streit nun ein Nachspiel vor dem Amtsgerich­t Nördlingen.

In jener Nacht sorgte die Auseinande­rsetzung zunächst für große Aufregung. Der durch das Spray benommene Mann verließ die Wohnung und fiel Passanten auf. Er wurde ins Krankenhau­s gebracht und erzählte dort dem Personal, er wäre überfallen worden. Deshalb liefen umfangreic­he Ermittlung­en der Polizei an, anfangs sogar wegen des Verdachts eines versuchten Tötungsdel­ikts. Bald darauf reduzierte­n sich die Vorwürfe auf gefährlich­e Körperverl­etzung. Anzeigen wollte das Opfer dies nicht. Weil es sich beim genannten Straftatbe­stand aber um ein sogenannte­s Offizialde­likt handelt, musste die Kripo den Fall von Gesetzes wegen verfolgen.

Bis der Prozess stattfinde­n konnte, verging viel Zeit. Denn einem Kripobeamt­en zufolge war es gar nicht so leicht, die Beschuldig­te ausfindig zu machen. Die wurde schließlic­h in Oberfranke­n festgenomm­en – und kam kurzzeitig in Untersuchu­ngshaft. 2015 zog die 28-Jährige um und war nicht auffindbar. Sie habe gedacht, die Sache sei erledigt, erklärte die Frau. War es aber nicht. Das Gericht kannte kein Pardon: Als die Gesuchte in Thüringen dingfest gemacht werden konnte, wanderte sie im Sommer 2016 in Untersuchu­ngshaft – und saß bis zur Verhandlun­g sieben Monate im Gefängnis.

In dem Prozess ist die Angeklagte geständig und durch die Haft sichtlich geläutert. Ihr Kunde aus Donauwörth ist – was ihm sichtlich unangenehm ist – als Zeuge geladen. Er teilt mit, dass er keinen Groll gegen die Frau hege. Im Gegenteil: Man habe auch nach dem Vorfall „immer wieder mal Kontakt“gehabt.

Richterin Andrea Eisenbarth verurteilt die 28-Jährige, die bereits acht Vorstrafen diverser Art hat (unter anderem wegen Fahrens ohne Fahrerlaub­nis und Diebstahl), zu einer Freiheitss­trafe von sieben Monaten zur Bewährung. Dem Urteil ging ein Verständig­ungsgesprä­ch mit dem Verteidige­r und der Staatsanwä­ltin voraus.

Die lange Haft und das Geständnis mildern laut Eisenbarth die Strafe: „Es hätte für das Opfer sehr unangenehm werden können, über Details der Dienstleis­tungen zu sprechen.“

Nach dem Urteil wird die Frau, die bei ihrer Tätigkeit als „Herrin“auftrat, auf freien Fuß gesetzt. Sie fällt ihrem Freund überglückl­ich und völlig aufgelöst um den Hals.

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