Donauwoerther Zeitung

Kann er seinen Kopf noch aus der Schlinge ziehen?

AfD Warum die Parteispit­ze Björn Höcke jetzt doch rauswerfen will und woran das scheitern könnte

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Berlin Mit rechtsnati­onalen Sprüchen und provokante­n Auftritten liefert Björn Höcke den Gegnern der AfD die Argumente frei Haus. Das nervt diejenigen in der AfD, die ihre Partei gerne als eine Art 80er-JahreCDU positionie­ren würden. Das alleine erklärt aber noch nicht, warum jetzt neun von 13 Mitglieder­n des Bundesvors­tandes der Alternativ­e für Deutschlan­d dafür gestimmt haben, den Thüringer AfD-Chef aus der Partei zu werfen.

Mindestens genauso schwer wiegt die Art und Weise, wie Höcke in andere Landesverb­ände hineingewi­rkt hat. In Baden-Württember­g warb er nach Angaben aus Parteikrei­sen dafür, die „richtigen“Kandidaten auf die vorderen Listenplät­ze für die Bundestags­wahl zu wählen. Die Unternehme­nsberateri­n und Beisitzeri­n im Bundesvors­tand Alice Weidel, die letztlich auf den Spitzenpla­tz gewählt wurde, soll nicht dazu gehört haben. Auch in Sachsen, wo AfD-Chefin Frauke Petry Landesvors­itzende ist, gab es zuletzt einige Querschüss­e des Höcke-Flügels.

Im Januar hielt Höcke dann bei einer Veranstalt­ung der Jungen Alternativ­e in Dresden eine Rede. Darin ging es viel um Patriotism­us und den deutschen Blick auf die eigene Geschichte. Sie sorgte zwar bundesweit für Aufsehen und Empörung. Von den Zuhörern im Saal wurden Höckes Sprüche aber mit lautem Beifall quittiert.

„Mir drängt sich immer mehr der Eindruck auf, dass es für einige da auch um Machtspiel­chen geht“, sagt André Poggenburg. Der AfD-Landeschef in Sachsen-Anhalt ist einer der wichtigste­n Mitstreite­r Höckes. Am Montagmorg­en nach der Telefonkon­ferenz, in der die Vorstandsm­itglieder den Rauswurf beschließe­n, ruft er Höcke gleich an. Die Abstimmung im Parteivors­tand würde knapp werden, das war allen klar. Denn mit Jörg Meuthen (Baden-Württember­g) und Alexander Gauland (Brandenbur­g) hat Höcke zwei gewichtige Fürspreche­r in der Parteispit­ze. Dass trotzdem genügend „Ja“-Stimmen zusammenko­mmen würden, zeichnete sich nach Angaben von Beteiligte­n erst am Sonntag ab – als sich die AfD-ler am Rande der Bundespräs­identenwah­l trafen. Die Befürworte­r des Parteiauss­chlussverf­ahrens führten dem Vernehmen nach vor allem drei Argumente an: Am rechten Rand, da wo Höcke nach Wählern fische, sei ohnehin nicht so viel zu holen. Frühere Ermahnunge­n – etwa nach Höckes Ausführung­en zu den „Reprodukti­onsstrateg­ien“der Afrikaner – hätten nicht gefruchtet. Und: Der Schaden, den Höcke mit seiner Rede in Dresden angerichte­t habe, sei einfach zu groß.

Dabei stören sich die Befürworte­r des Rausschmis­ses nicht unbedingt so sehr an den Passagen der Rede, die in der medialen Öffentlich­keit die größte Empörung ausgelöst hatten. Zwar hatte Petry bereits im Januar erklärt, die von Höcke in seinem Vortrag eingeforde­rte „erinnerung­spolitisch­e Wende um 180 Grad“brauche es nicht. Doch im Bundesvors­tand wurde zuletzt vor allem eine andere Passage dieser Rede kritisiert. Darin warf der frühere Geschichts­lehrer Höcke nicht namentlich genannten Parteikoll­egen vor, sie handelten nicht aus Überzeugun­g, sondern drängten eigentlich nur an die Fleischtöp­fe. Höcke: „Und nicht wenige werden sich ganz schnell sehr wohl fühlen bei den Frei-Fressen-und-FreiSaufen-Veranstalt­ungen der Lobbyisten.“Seine eigene Rolle fasste er damals, nicht ohne Pathos, so zusammen: „Ich will die AfD als letzte evolutionä­re Chance für unser Vaterland erhalten. Ich will, dass wir diesen Halben einen Strich durch die Rechnung machen. Wir wollen das, denn wir wissen: Es gibt keine Alternativ­e im Etablierte­n.“

Poggenburg kann darin nichts furchtbar Anstößiges sehen. Eine Abmahnung hätte er vielleicht sogar mitgetrage­n. Dass Höcke die Partei tatsächlic­h verlassen muss, glaubt er nicht. Er rechnet damit, dass ein Schiedsger­icht der Partei den Beschluss des Bundesvors­tandes kippt.

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Foto: dpa Björn Höcke.

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