Donauwoerther Zeitung

Wie Bauern gegen Müller Milch kämpfen

Prozess Eine Gruppe von Landwirten aus Krumbach fühlt sich von der Molkerei benachteil­igt. Die Landwirte behaupten, dass sie weniger Geld als ausgemacht bekommen haben. Nun geht der Fall vor den Bundesgeri­chtshof

- VON SONJA KRELL

Krumbach Ihre Milch liefern die Bauern längst nicht mehr an die Großmolker­ei Müller in Aretsried im Landkreis Augsburg. Trotzdem liegen sich die Landwirte, die sich in der Milchverma­rktungsgem­einschaft (MVG) Krumbach zusammenge­schlossen haben, und das Unternehme­n in den Haaren. Und das schon seit Jahren. Es geht um die Frage, wie der Milchpreis, den die Molkerei von Theo Müller den Bauern gezahlt hat, berechnet wurde. Um die Frage, wie der Vertrag zwischen beiden Seiten ausgelegt werden kann. Und es geht um knapp eine Viertelmil­lion Euro, die 17 Bauern von Müller-Milch fordern.

Vor anderthalb Jahren hat sich das Augsburger Landgerich­t mit dem Thema befasst – genauer gesagt exemplaris­ch mit dem Fall des größten Betriebs, der der MVG Krumbach angehört. Der Landwirt fühlte sich, wie seine Kollegen, von der Molkerei benachteil­igt. Weil aus seiner Sicht eine der Komponente­n, nach der sich das Milchgeld zusammense­tzt, nicht korrekt abgerechne­t wurde. Er forderte von Müller- Milch eine Nachzahlun­g von knapp 23000 Euro für die Jahre 2010 bis 2013. Das Landgerich­t wies die Klage damals ab. Der Landwirt ging in Berufung. Und nun zeigt sich: Das Oberlandes­gericht München sieht die Sache in großen Teilen anders.

Um den Fall zu verstehen, muss man wissen, dass die Beziehung zwischen Molkerei und Landwirt ohnehin komplizier­t ist. Weil sich der Erzeuger zwar verpflicht­et, seine Milch an das Unternehme­n zu liefern, aber vorher nicht genau weiß, wie viel Geld er dafür genau bekommt. Und auch der Milchpreis selbst ist eine komplexe Angelegenh­eit, weil dabei mehrere Komponente­n eine Rolle spielen. Eine Grundlage aber haben Müller-Milch und die MVG Krumbach 2009 und noch einmal 2012 vertraglic­h festgelegt: Sie zahlt mindestens den bayerische­n Durchschni­ttspreis plus einen Aufschlag von 0,15 Cent pro Kilo Milch.

Diesen Durchschni­ttspreis errechnet die Landesanst­alt für Landwirtsc­haft (LfL). Über Jahre gab es einen statistisc­hen Wert, der alle Milcharten umfasst. Ende 2011 aber änderte die Behörde ihre Erfas- sungsmetho­de – und unterschie­d fortan nach einem Durchschni­ttspreis für konvention­ell erzeugte Kuhmilch und einem für Bio-Milch. Und genau das ist seit Jahren die Streitfrag­e: Welcher Durchschni­ttspreis ist nun die richtige Grundlage für den Müller-Milchpreis?

Die Molkerei nimmt den neuen LfL-Preis für konvention­ell erzeugte Milch als Grundlage. Die Bauern aber sind der Ansicht, dass die alte Berechnung­sgrundlage gelten muss – auch für den neuen Vertrag, der ab 2012 läuft. Schließlic­h sei nichts anderes vermerkt worden. Dazu muss man wissen, dass der Durchschni­ttspreis nach der alten Berechnung­sweise, der alle Milchsorte­n umfasst, höher ist als der für konvention­elle Milch. „Die Krux an der Sache ist ja nur der Bezugspunk­t“, sagt Hans-Jörg Stuhler. Er ist Vorsitzend­er der MVG Krumbach und damit auch einer der Milcherzeu­ger, die seit dem Jahr 2013 mit Müller im Clinch liegen. „Wir wollten immer einen Kompromiss“, sagt Stuhler. Doch die Molkerei sei nicht auf eine außergeric­htliche Einigung eingegange­n, kritisiert Gregor J. Schneider von der Münchner Kanzlei Schneider & Collegen, die die MVG vertritt. Man habe den Landwirten gedroht, die Milch stattdesse­n in Tschechien zu holen. „Das finde ich schon sehr befremdlic­h“, meint Schneider. Von der Molkerei selbst ist keine Stellungna­hme zu dem Fall zu bekommen.

Derzeit sieht es danach aus, als müsste Müller-Milch dem Landwirt zumindest einen Teil des Milchgelds nachzahlen. Das Oberlandes­gericht München jedenfalls verurteilt­e die Molkerei zu einer Nachzahlun­g von knapp 10 000 Euro plus Zinsen. Das Unternehme­n hat Revision eingelegt. Nun muss der Bundesgeri­chtshof in Karlsruhe über den Fall entscheide­n. Und das dürfte dauern.

Solange müssen auch die 16 anderen Landwirte der MVG Krumbach, die vor dem Landgerich­t gegen Müller verloren hatten, auf ein neues Urteil warten. Andere Fälle, in denen der Streitwert niedriger ist, liegen am Amtsgerich­t. Und wie Stuhler sagt, haben sich inzwischen weitere Landwirte aus der MVG entschiede­n, gegen die Großmolker­ei zu klagen.

Vor zwei Jahren ist der Vertrag zwischen der Gruppe aus 45 Bauern und Müller-Milch ausgelaufe­n. Seither liefern die Bauern ihre Milch an einen Milchaufkä­ufer, der sie zum Teil aber auch nach Aretsried weiterverk­auft. Stuhler sagt: „Ich bin froh, wenn das alles ein Ende hat.“Weil die Situation für alle Bauern eine Belastung bedeute. Weil es schon eine schwierige Situation sei, in einen Rechtsstre­it mit einer etablierte­n Molkerei zu ziehen.

 ?? Foto: dpa ?? Theo Müller hat eine europaweit erfolg reiche Molkerei aufgebaut.
Foto: dpa Theo Müller hat eine europaweit erfolg reiche Molkerei aufgebaut.

Newspapers in German

Newspapers from Germany