Donauwoerther Zeitung

Generation­swechsel bei den Grünen

Porträt Katharina Schulze soll neue Fraktionsv­orsitzende im Landtag werden. Sie ist erst 31

- VON HENRY STERN

München Ein Café in der Nähe des Landtags. Es herrscht Hochbetrie­b, doch Katharina Schulze arbeitet sich zielstrebi­g und entspannt zwischen Kinderwäge­n und Einkaufstü­ten an den Tisch vor. „Bin ich zu spät?“, fragt sie mit besorgtem Blick auf ihr Smartphone. Nein, absolut nicht. „Gut. Ich hasse es nämlich, unpünktlic­h zu sein.“

Ein Gefühl für richtiges Timing kann in der Politik zweifellos nicht schaden. Und die Münchnerin scheint die Gunst der Stunde nutzen zu wollen: An diesem Mittwoch wird Schulze wohl zur neuen Fraktionsc­hefin der Grünen im Landtag gewählt. Mit nur 31 Jahren. Schulze selbst scheint von ihrem nächsten großen Karrieresc­hritt am wenigsten überrascht: Wichtige Posten hätten immer auch etwas mit Verantwort­ung zu tun, sagt sie. Und Verantwort­ung habe sie immer schon sehr gerne übernommen.

Im Gymnasium war Schulze bereits Schülerspr­echerin. Nur ein Jahr nach ihrem Parteieint­ritt bei den Grünen wurde sie 2009 Vorsitzend­e der Grünen Jugend in München. Und ein weiteres Jahr später, mit erst 25 Jahren, dann Vorsitzend­e der Münchner Grünen. Danach kamen prompt erste politische Erfolge, etwa als Sprecherin der gewonnenen Münchner Bürgerbege­hren gegen eine dritte FlughafenS­tartbahn und gegen Olympia. Und jetzt, nur dreieinhal­b Jahre nach ihrem Einzug in den Landtag wird die Innen- und Polizeiexp­ertin wohl Fraktionsc­hefin – als Nachfolger­in von Margarete Bause, 58, die die Landtags-Grünen mehr als 13 Jahre geführt hat und im Herbst in den Bundestag wechseln möchte.

Eine Gegenkandi­datin für Schulze gibt es bislang nicht. Auch die ambitionie­rte Claudia Stamm hält still. „Katharina ist intern unumstritt­en“, glaubt der erfahrene Grünen-Abgeordnet­e Sepp Dürr, „und das heißt schon was bei den Grünen.“Schulze habe sich durch gute Arbeit und kollegiale­n Umgang viel Respekt verschafft, sagt Dürr. Eine Einschätzu­ng, die im Landtag nicht nur Parteifreu­nde teilen: „Inhaltlich habe ich mit ihr nicht viele Gemeinsamk­eiten“, sagt etwa der schwäbisch­e CSU-Abgeordnet­e und JU-Chef Hans Reichhart, „aber sie ist ein angenehmer Mensch, mit dem man prima über Politik streiten kann.“

Selbst bei der Polizei hat sich die junge Grüne Respekt verschafft – auch weil sie von abgedrosch­enen Stereotype­n nichts hält. Schon viermal war sie etwa mit Polizisten auf Nachtstrei­fe. Sie habe die Arbeit der Polizei sehr zu schätzen gelernt, berichtet Schulze. „Ich lobe deshalb, was gut läuft, schaue aber auch weiter kritisch hin.“

Vor allem der Kampf gegen Rechtsextr­emismus liegt Schulze am Herzen. Und da gebe es in Bayern nach wie vor große Defizite. Und auch für die Bürgerrech­te kann Schulze leidenscha­ftlich streiten. Gerade für die Grünen sei dies ein Thema mit viel Potenzial: „Da müssen wir noch viel mehr tun.“

Ob Polizei oder CSU: „Ich bemühe mich, auf alle Dinge im Leben offen zuzugehen“, sagt Schulze. Sehr zielstrebi­g und strukturie­rt gehe sie vor, lobt Grünen-Landeschef Eike Hallitzky. Manchmal sei sie aber ungeduldig: „Wenn es nicht so weitergeht, wie sie will, dann sprühen schon auch mal die Funken.“

Wenn Schulze am Mittwoch tatsächlic­h zur Fraktionsc­hefin gewählt wird, wäre der Generation­enwechsel bei den Landtags-Grünen endgültig vollzogen: Bereits seit 2013 ist der heute 38-jährige Ludwig Hartmann aus Landsberg der männliche Teil der grünen Fraktions-Doppelspit­ze.

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Foto: Matthias Balk, dpa Katharina Schulze hat schon früh Verant wortung übernommen. Nun soll sie neue Fraktionsv­orsitzende der Grünen wer den.

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