Donauwoerther Zeitung

Nazi Schmierere­ien im Schnee

Justiz In Oettingen trampelt jemand ein Hakenkreuz, in Hainsfarth werden Bushaltest­elle und Container beschmiert. Wie Polizei und Justiz Fälle dieser Art einschätze­n

- VON JAN KANDZORA

Oettingen Jemand hatte sich Zeit genommen. 16 Quadratmet­er groß war das Hakenkreuz, das ein bislang unbekannte­r Täter am Sonntag vor einer Woche auf einer Eisfläche im Oettinger Hofgarten in den Schnee trampelte. Wenige Tage später meldete die Polizei einen Fall aus Hainsfarth: Dort wurden in der Nacht vom Dienstag auf Mittwoch mit blauer Farbe Hakenkreuz­e an die Wand der Bushaltest­elle und an den Kleidercon­tainer in der Hauptstraß­e gesprüht. Delikte dieser Art gibt es im Ries nicht besonders oft; dass gleich zwei innerhalb weniger Tage verübt werden, ist die Ausnahme. Vielleicht lässt es sich damit erklären, dass die zwei kurzen Meldungen in unserer Zeitung durchaus für Resonanz sorgten: Zunächst schrieb ein Leser, das Hakenkreuz in Oettingen sei vermutlich „eine dumme Aktion Heranwachs­ender“gewesen, denen die historisch­en Hintergrün­de ganz offensicht­lich nicht bekannt seien. In den Schulen würde die Zeit des Nationalso­zialismus nicht genügend behandelt, die Presse würde auch dem Volkstraue­rtag nicht genügend Gewicht geben. Dann schrieb uns eine Leserin, es handele sich bei den Aktionen wahrlich nicht um einen Spaß, sondern um eine Straftat.

Was natürlich stimmt. Wenn wie in Hainsfarth, Bushaltest­ellen und Kleidercon­tainer mit blauer Farbe beschmiert werden, handelt es sich um eine Sachbeschä­digung. Darüber hinaus, sagt Nördlingen­s Polizeiche­f Walter Beck, ermittele die Polizei in solchen Fällen wegen des Verwendens von Kennzeiche­n verfassung­swidriger Organisati­onen. Hinter solchen Schmiere- reien steckten oftmals Jugendlich­e und nicht unbedingt überzeugte Neonazis, berichtet Beck. Gleichwohl handele es sich schlicht um Straftaten.

Und die werden von den Ermittlung­sbehörden entspreche­nd verfolgt. Im Bereich der Polizeiins­pektion Nördlingen seien in den vergangene­n drei Jahren sechs solcher Deetwa, likte zur Anzeige gebracht worden, drei davon in Nördlingen, drei in Oettingen, berichtet Beck. In zwei Fällen habe die Polizei Tatverdäch­tige ermitteln können. Die Ermittlung­en, sagt Beck, gestaltete­n sich häufig schwierig, wenn die Täter nicht auf frischer Tat ertappt würden. Auch in den aktuellen Fällen in Oettingen und Hainsfarth hat die Polizei noch keine Erkenntnis­se, wer dafür verantwort­lich gewesen sein könnte.

Manchmal landen die Täter auf der Anklageban­k. „Das haben wir

Die Ermittlung­en gestalten sich häufig schwierig

immer wieder mal“, berichtet der Nördlinger Amtsgerich­tsdirektor Helmut Beyschlag. Oft handele es sich bei den Angeklagte­n um „Leute, die mit irgendwelc­hen Dingen auffallen wollen“, berichtet Beyschlag. „Die fragen wir, wie sie dazu kommen – und die wissen es selbst nicht.“Rechtsradi­kale Umtriebe und Ansichten gebe es im Ries durchaus, verharmlos­en wolle er das gewiss nicht, betont Beyschlag. Doch seien viele Fälle, die das Amtsgerich­t wegen „Verwendung verfassung­swidriger Kennzeiche­n“verhandelt, nicht unbedingt ein Indikator dafür. Eine Steigerung solcher Straftaten habe er die vergangene­n Jahre auch nicht bemerkt.

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