Wie Nordlicht saust und braust
Katharina Hagena in kanadischer Wildnis
So hört es sich also an, das Licht: „Ein Knirschen, als ginge man über gefrorenen Schnee, ein Knallen wie Schüsse, ein Klappern, als schlügen Segel gegen einen Mast, ein Pfeifen, ein Sausen, ein Rauschen, ein Brausen wie von der See...“Diese und einige Worte mehr findet Katharina Hagena, um in ihrem Roman „Das Geräusch des Lichtes“das Nordlicht zum Klingen zu bringen. Es ist ein poetischer Ton, der Hagenas dritten Roman durchzieht und zusammenhält.
Dabei beginnt die Geschichte ganz prosaisch im Wartezimmer eines Nervenarztes. Fünf Patienten sitzen dort, darunter auch die Ich-Erzählerin, die sich die Wartezeit verkürzt, indem sie sich für jeden eine Geschichte ausdenkt: Die junge Frau neben ihr, eine Biologin mit dem Spezialgebiet Moose, die eine verschwundene Kollegin sucht; der Vater und sein zwölfjähriger Sohn, die über den Tod der Frau und Tochter beziehungsweise Mutter und Schwester hinwegkommen müssen; die alte Frau, die sich in ihrer Verwirrtheit in die Tiefe eines Eislochs imaginiert; und schließlich sie selbst, die in einen Umweltskandal kanadischer Ölgesellschaften gerät. Alle Geschichten führen die Protagonisten in die kanadische Wildnis, dorthin, wo das Nordlicht knallt, saust und rauscht. Ihre großen Themen Erinnern, Vergessen, Verlust und Trauer bringt Hagena dabei sprachmächtig zu Gehör. (m-b)
Kiepenheuer & Witsch, 272 S., 20 ¤