Die Nachrichtenchecker
Presse Warum Zeitungen in Zeiten massenhaft verbreiteter Falschmeldungen ein unverzichtbares Fundament der Demokratie sind. Und welches Problem sie mit Internetkonzernen haben
In Zeiten des durch das Internet erreichten mannigfaltigen Nachrichtenund Meinungsspektrums herrscht ein großes Durcheinander. Welche Neuigkeiten sind falsch, welche wahr? „Im Internet wird es immer schwieriger, zwischen seriösem Journalismus, originell ausgedachten Falschmeldungen – auch zu Werbezwecken – oder bewusster Stimmungsmache zu unterscheiden“, beschreibt das Medienmagazin pro die Situation.
Medienbeobachter stellen fest, dass gerade diejenigen, die ihre eigenen Wahrheiten erfinden, seriöse Veröffentlichungen als „Lügenpresse“beschimpfen: Gemeint sind damit vor allem traditionelle Zeitungsverlage. „Das ist interessant, da wir uns seit Jahrzehnten um eine professionelle und gewissenhafte Sortierung der lokalen wie der Weltnachrichten bemühen“, sagt Andreas Scherer, Geschäftsführer der Mediengruppe Augsburg, die auch die Augsburger Allgemeine herausgibt.
„Unsere beste Methode, die Leute vom Konsum von ,Fake News‘ abzubringen, ist, wenn wir authentisch und wahrhaftig berichten“, ergänzt Mathias Döpfner, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), in einem Interview. Für den Vorstandschef von Axel Springer heißt das, „durch gute Recherche die Wahrheit ans Licht bringen und sie veröffentlichen, auch wenn es unbequem ist“.
Wie wichtig unabhängige Zeitungsverlage für eine offene Gesellschaft sind, verdeutlichte der frühere Verfassungsrichter Udo Di Fabio anlässlich eines Festaktes der Saarbrücker Zeitung: Sie seien „zentrale, unverzichtbare Voraussetzungen für Demokratie“. Dort, wo Zeitungen zensiert oder verboten würden, herrsche keine Demokratie.
In Deutschland erscheinen täglich laut BDZV 351 Tageszeitungen in einer – gedruckten – Gesamtauflage von 16,8 Millionen Exemplaren. Die bewährte Mediengattung besteht aus einem Verlag, in dem Geschäftsinteresse und öffentliche Wirkung im Mittelpunkt stehen, und aus Journalisten, denen es weniger um Rendite, sondern um die öffentliche Rolle der Presse geht. Heißt: um beobachten, berichten und aufklären. Ums „Faktenchecken“. Beides verschmilzt laut Di Fabio zu dem, was man hierzulande die „vierte Gewalt“nennt.
Doch Journalisten sind im Verlagsgebilde auch ein bedeutender Kostenfaktor. Zeitungsverlage investieren in ihre Redaktionen jährlich Millionen Euro. An dieser Stelle kommt ein weltumspannender Konzern wie Google ins Spiel. Denn in den deutschen Verlagen herrscht der Eindruck vor, als ob die Rolle der freien Presse in der digitalen Welt nur mehr die des kostenlosen Nachrichten- und Daten-Rohstofflieferanten ist. Gerade hier aber sind Daten einer der unverzichtbaren Rohstoffe. „Sie machen Suchmaschinen und soziale Netzwerke erst wertvoll“, sagt Uwe Conradt, Direktor der Landesmedienanstalt Saarland. Für Stefan Schnorr, für Digital- und Internetpolitik im Bundeswirtschaftsministerium zuständig, ist die Anpassung der Medienpolitik an die Realität notwendig, um die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Medienunternehmen zu sichern. Er will das über eine Regulierung von Internetanbietern wie Google oder Facebook erzielen.
Denn eine weitere Grundfrage der medialen Zukunft lautet: Darf es in der digitalen Welt andere Regeln geben als in der analogen? Eine Marktmacht unter den Suchmaschinen, wie es bei Google beispielsweise in Deutschland der Fall ist, wäre in der analogen Welt nicht denkbar, sagt Andreas Scherer. Dort würde das Kartellamt einschreiten, um unzulässige Monopole zu verhindern.
Über die Verwertungsgesellschaft VG Media verhandeln die Verlage inzwischen mit Google über einen fairen Umgang zu kartell- und urheberrechtlichen Fragen und über den Wunsch, dass das Gesetz zum Presseleistungsschutz angewendet wird. „Es geht in diesem Fall vor allem um Gerechtigkeit“, fasst Andreas Scherer das Problem zwischen Internetkonzernen und Zeitungen zusammen. Es gelte gerade auch die Regionalpresse zu hegen, denn sie sei eine wesentliche Quelle, aus der die Menschen vor Ort ihre Informationen beziehen.