Minister will Beamte besser schützen
Justiz Beim Besuch von Professor Winfried Bausback im Landkreis geht es nicht nur um die Reichsbürger, sondern auch um Akzeptanz und Respekt gegenüber Polizisten und Justizbeamten
Nördlingen Wer ins Nördlinger Amtsgericht will, muss an den beiden Beamten an der Schleuse vorbei. Selbst, wenn es der bayerische Justizminister Professor Winfried Bausback ist. Der nimmt sich gestern Zeit, um mit den beiden ein wenig zu plaudern. Ob denn Besucher mit Waffen kämen, will er wissen. Taschenmesser seien recht häufig, berichten die beiden, meist hätten ältere Männer eines einstecken. Doch neulich hätten sie ein langes Messer beschlagnahmt, ein sogenannter Reichsbürger hatte es ins Gericht mitgebracht: „Das haben wir der Polizei gemeldet.“Angegriffen worden seien sie nicht. Doch anhören mussten sie sich einiges.
Eigentlich war Bausback gestern nach Nördlingen gekommen, um das Amtsgericht mit dem Signet „Bayern barrierefrei“auszuzeichnen – das Gebäude ist auch für Menschen im Rollstuhl oder für Mütter mit Kinderwagen barrierefrei erschlossen. CSU-Landtagsabgeordneter Wolfgang Fackler war dabei, Oberbürgermeister Hermann Faul brachte das goldene Buch der Stadt Nördlingen mit, in das sich Bausback eintrug. Doch gestern war eben auch der Tag, an dem die Reichsbürger die Schlagzeilen dominierten.
Mehr als 1700 Anhänger dieser Bewegung leben mittlerweile im Freistaat. Die Reichsbürger lehnen die Bundesrepublik Deutschland und damit auch ihre Justiz ab. Auch in der Region waren sie in der Vergangenheit aufgefallen – wie etwa bei Prozessen am Amtsgericht in Nördlingen (wir berichteten). Die Richter könnten damit ganz gut umgehen, meinte Amtsgerichtsdirektor Helmut Beyschlag gestern auf Anfrage unserer Zeitung. Doch andere hätten da mehr Sorge – Gerichtsvollzieher beispielsweise, die im Zweifel Forderungen direkt bei den Anhängern der Bewegung „durchfechten“müssten. Und wenn man dann noch wisse, dass der Reichsbürger jede Menge Waffen zu Hause habe, sei die „abstrakte Angst“begründet. In einem bestimmten Fall, so lobt Beyschlag, habe der kurze Dienstweg funktioniert. Das Landratsamt schritt ein, nahm dem betreffenden die Waffen ab. Landrat Stefan Rößle äußert allerdings die Sorge, dass die Akzeptanz gegenüber den Gerichten, ja der Obrigkeit allgemein nachlasse. Wichtig sei es, Bürgernähe zu zeigen.
Dass es nicht nur die Reichsbürger sind, die keinen Respekt vor Angehörigen der Justiz oder vor Polizisten zeigen, hat Minister Bausback selbst erlebt, als er 2012 mit einer Streife mitgefahren ist. Auf dem Weg zu einem Taschendiebstahl sei das Polizeiauto von Passanten bespuckt worden. Das Phänomen des mangelnden Respekts will Bausback auf zwei Ebenen angehen. Erstens über die Erziehung und Bildung. Zum anderen will er die Strafen verschärfen: Bislang, so erklärt Bausback, werde nur der Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte bestraft. Dafür müsse der Polizist aber auch etwas tun, beispielsweise eine Person festnehmen. Der Justizminister will sich dafür einsetzen, dass künftig auch allgemein Angriffe auf Beamte härter als die auf andere Bürger bestraft werden, wenn etwa Polizisten als Amtsträger erkennbar sind. Außerdem will er Gerichten mehr Instrumente bieten – beispielsweise das Fahrverbot.
Wie berichtet, plant die Bundesregierung ein Fahrverbot als mögliche Strafe bei kriminellen Vergehen einzuführen. Das Kabinett hat vor Weihnachten einen entsprechenden Gesetzesentwurf beschlossen – der Widerstand von Automobilclubs und Juristen folgte prompt. Bausback verteidigte den Vorschlag gestern in Nördlingen: Gerade im Jugendbereich sei ein Fahrverbot wirksam. Denn die Geldstrafe werde im Zweifelsfall vom gut betuchten Elternhaus übernommen.