Donauwoerther Zeitung

Die etwas andere Boutique

Soziales Seit mittlerwei­le eineinhalb Jahren gibt es den Kleiderlad­en des Roten Kreuzes in Donauwörth. Wie läuft ein solches Geschäft in einer Stadt mit nahezu Vollbeschä­ftigung?

- VON THOMAS HILGENDORF

Seit mittlerwei­le eineinhalb Jahren gibt es den BRK-Kleiderlad­en in Donauwörth. Wie läuft dieses soziale Projekt?

Donauwörth Ein Laden in der zweiten Reihe ist nicht wirklich der Traum eines jeden Geschäftsm­annes. Für Martin Heilingbru­nner vom Bayerische­n Roten Kreuz ist es der Idealstand­ort für „seine“Boutique. Es ist ein Lädchen der besonderen Art, der da in der Eichgasse in Donauwörth steht, den viele Passanten zwar sehen, aber sich oft nicht hineintrau­en. Zahlreiche andere haben, lauscht man Heilingbru­nners erster Bilanz, die Hemmschwel­le überwunden. Den Kleiderlad­en des BRK gibt es nun seit fast eineinhalb Jahren. Und was bei jenen Geschäften für den guten Zweck nicht selbstvers­tändlich ist: Er trägt sich mittlerwei­le selbst.

Martin Heilingbru­nner sitzt zwischen hellbraune­n Kartons, Lodenmänte­ln und Lederjacke­n im Hinterzimm­er – oder besser: dem kleinen Lager – des Ladens direkt gegenüber dem Wörnitzpar­khaus parallel zur Kapellstra­ße. Für ihn ist jene zweite Reihe neben Ried und Reichsstra­ße eher Segen denn Fluch: „Einige Kunden, die zu uns kommen, sind immer noch verschämt.“

Kleiderlad­en, das klinge bei einigen immer noch nach bitterer Armut, Trostlosig­keit, nach Not und wenn nicht gar nach Obdachlosi­gkeit. Gegen dieses Image wolle man arbeiten – gerade auch mit dem Selbstvers­tändnis des Ladens als „Secondhand­boutique“. Will heißen: eher mehr Klasse als Masse. Laut Heilingbru­nner geht das Konzept auf, wenngleich man die ersten Monate nach der Eröffnung im September 2015 Geduld haben musste. Im Frühjahr 2016 sei dann der Umsatz förmlich „explodiert.“Man erwirtscha­fte schwarze Zahlen, die Gewinne kämen der sozialen Arbeit des Bayerische­n Roten Kreuzes zugute.

Monika Albinger arbeitet als einzige hauptamtli­che Kraft im Laden. Neben ihr sind 18 Ehrenamtli­che, meist im Rentenalte­r, aktiv, um Textilien aus zweiter Hand an den Mann oder die Frau zu bringen. Kinderklei­dung wird zwar für die nach wie vor existieren­de Kleiderkam­mer des BRK-Zentrums am Mangoldfel­sen entgegenge­nommen, aber bislang nicht im Ladengesch­äft verkauft. Albinger erläutert das Konzept als möglichst eines für alle sozialen Schichten: „Wir wollen hier gut erhaltene Kleidung anbieten und alle Menschen sollen hier einkaufen können.“Man wolle weg von einem Geschäft ausschließ­lich für ein bestimmtes „Milieu“.

Und die Entwicklun­g scheint nach den Erfahrunge­n Albingers und Heilingbru­nners dem Willen zu folgen. Die Kunden seien, so der BRK-Mann, mittlerwei­le „bunt gemischt“: „Es kommen Akademiker, Angestellt­e, Arbeiter ebenso wie Flüchtling­e und Sozialhilf­eempfänger.“Letztere bekommen 50 Prozent Rabatt auf die ohnehin günstige Kleidung.

81 Kunden mit Rabattsche­in verzeichne­t der Laden. Sie müssen ein Berechtigu­ngsschreib­en einer Sozialbehö­rde vorweisen.

Alle anderen zahlen den vollen Preis, der aber erschwingl­ich erscheint: Eine Jeans kostet fünf Euro, eine Winterjack­e dieser Tage zehn Euro im Angebot, für einen gut erhaltenen Bogner-Mantel dürfen es auch 20 Euro sein. Bei diesem Betrag sei dann aber auch der Deckel drauf, sagt Monika Albinger. Ihr Chef Heilingbru­nner erklärt, dass in Donauwörth weniger die wirtschaft­liche Not die Motivation der meisten sei, im BRK-Laden einzukaufe­n, sondern vielmehr ein „gewachsene­s ökologisch­es Bewusstsei­n“– mehr und mehr Menschen sähen eine reine Wegwerfges­ellElend, schaft kritisch. Dazu kämen freilich die Schnäppche­njäger. Wer hat schon was dagegen, eine neuwertige Strenesse-Jacke für 20 Euro zu erwerben?

Zwischen zehn und 20 Kunden kämen pro Tag in die Boutique in der Eichgasse und sie sollen von einer „traditione­llen“Kleiderkam­mer-Aura nichts mehr spüren: Auf Wunsch erhalte man persönlich­e Beratung, wie in einem normalen Bekleidung­sladen.

Zahlreiche Kunden kämen auch einfach so zum Reden vorbei: „Und wir sprechen gerne mit den Menschen – unser sozialer Auftrag ist mindestens so wichtig wie der wirtschaft­liche und ökologisch­e“, sagt Albinger. »Kommentar

Der Laden in der Eichgasse 8 hat montags bis samstags zwischen 9.30 und 12.30 Uhr sowie montags, dienstags, donnerstag­s und freitags zusätzlich zwischen 14 und 17.30 Uhr geöffnet. Es werden dort auch Kleiderspe­nden – auch Kinderklei­dung für die Kleiderkam mer des BRK Zentrums – entgegenge nommen. Informatio­nen auch unter der Telefonnum­mer 0906/ 29995093.

Man will Klasse statt Masse anbieten Der soziale Auftrag gehört einfach dazu

 ?? Foto: Thomas Hilgendorf ?? Gute Laune im Kleiderlad­en des Bayerische­n Roten Kreuzes in der Donauwörth­er Eichgasse. Monika Albinger und Martin Heilingbru­nner wollen weg vom Image einer klas sischen Kleiderkam­mer – im Laden sollen alle einkaufen, ob mit oder ohne Bezugssche­in.
Foto: Thomas Hilgendorf Gute Laune im Kleiderlad­en des Bayerische­n Roten Kreuzes in der Donauwörth­er Eichgasse. Monika Albinger und Martin Heilingbru­nner wollen weg vom Image einer klas sischen Kleiderkam­mer – im Laden sollen alle einkaufen, ob mit oder ohne Bezugssche­in.

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