Die etwas andere Boutique
Soziales Seit mittlerweile eineinhalb Jahren gibt es den Kleiderladen des Roten Kreuzes in Donauwörth. Wie läuft ein solches Geschäft in einer Stadt mit nahezu Vollbeschäftigung?
Seit mittlerweile eineinhalb Jahren gibt es den BRK-Kleiderladen in Donauwörth. Wie läuft dieses soziale Projekt?
Donauwörth Ein Laden in der zweiten Reihe ist nicht wirklich der Traum eines jeden Geschäftsmannes. Für Martin Heilingbrunner vom Bayerischen Roten Kreuz ist es der Idealstandort für „seine“Boutique. Es ist ein Lädchen der besonderen Art, der da in der Eichgasse in Donauwörth steht, den viele Passanten zwar sehen, aber sich oft nicht hineintrauen. Zahlreiche andere haben, lauscht man Heilingbrunners erster Bilanz, die Hemmschwelle überwunden. Den Kleiderladen des BRK gibt es nun seit fast eineinhalb Jahren. Und was bei jenen Geschäften für den guten Zweck nicht selbstverständlich ist: Er trägt sich mittlerweile selbst.
Martin Heilingbrunner sitzt zwischen hellbraunen Kartons, Lodenmänteln und Lederjacken im Hinterzimmer – oder besser: dem kleinen Lager – des Ladens direkt gegenüber dem Wörnitzparkhaus parallel zur Kapellstraße. Für ihn ist jene zweite Reihe neben Ried und Reichsstraße eher Segen denn Fluch: „Einige Kunden, die zu uns kommen, sind immer noch verschämt.“
Kleiderladen, das klinge bei einigen immer noch nach bitterer Armut, Trostlosigkeit, nach Not und wenn nicht gar nach Obdachlosigkeit. Gegen dieses Image wolle man arbeiten – gerade auch mit dem Selbstverständnis des Ladens als „Secondhandboutique“. Will heißen: eher mehr Klasse als Masse. Laut Heilingbrunner geht das Konzept auf, wenngleich man die ersten Monate nach der Eröffnung im September 2015 Geduld haben musste. Im Frühjahr 2016 sei dann der Umsatz förmlich „explodiert.“Man erwirtschafte schwarze Zahlen, die Gewinne kämen der sozialen Arbeit des Bayerischen Roten Kreuzes zugute.
Monika Albinger arbeitet als einzige hauptamtliche Kraft im Laden. Neben ihr sind 18 Ehrenamtliche, meist im Rentenalter, aktiv, um Textilien aus zweiter Hand an den Mann oder die Frau zu bringen. Kinderkleidung wird zwar für die nach wie vor existierende Kleiderkammer des BRK-Zentrums am Mangoldfelsen entgegengenommen, aber bislang nicht im Ladengeschäft verkauft. Albinger erläutert das Konzept als möglichst eines für alle sozialen Schichten: „Wir wollen hier gut erhaltene Kleidung anbieten und alle Menschen sollen hier einkaufen können.“Man wolle weg von einem Geschäft ausschließlich für ein bestimmtes „Milieu“.
Und die Entwicklung scheint nach den Erfahrungen Albingers und Heilingbrunners dem Willen zu folgen. Die Kunden seien, so der BRK-Mann, mittlerweile „bunt gemischt“: „Es kommen Akademiker, Angestellte, Arbeiter ebenso wie Flüchtlinge und Sozialhilfeempfänger.“Letztere bekommen 50 Prozent Rabatt auf die ohnehin günstige Kleidung.
81 Kunden mit Rabattschein verzeichnet der Laden. Sie müssen ein Berechtigungsschreiben einer Sozialbehörde vorweisen.
Alle anderen zahlen den vollen Preis, der aber erschwinglich erscheint: Eine Jeans kostet fünf Euro, eine Winterjacke dieser Tage zehn Euro im Angebot, für einen gut erhaltenen Bogner-Mantel dürfen es auch 20 Euro sein. Bei diesem Betrag sei dann aber auch der Deckel drauf, sagt Monika Albinger. Ihr Chef Heilingbrunner erklärt, dass in Donauwörth weniger die wirtschaftliche Not die Motivation der meisten sei, im BRK-Laden einzukaufen, sondern vielmehr ein „gewachsenes ökologisches Bewusstsein“– mehr und mehr Menschen sähen eine reine WegwerfgesellElend, schaft kritisch. Dazu kämen freilich die Schnäppchenjäger. Wer hat schon was dagegen, eine neuwertige Strenesse-Jacke für 20 Euro zu erwerben?
Zwischen zehn und 20 Kunden kämen pro Tag in die Boutique in der Eichgasse und sie sollen von einer „traditionellen“Kleiderkammer-Aura nichts mehr spüren: Auf Wunsch erhalte man persönliche Beratung, wie in einem normalen Bekleidungsladen.
Zahlreiche Kunden kämen auch einfach so zum Reden vorbei: „Und wir sprechen gerne mit den Menschen – unser sozialer Auftrag ist mindestens so wichtig wie der wirtschaftliche und ökologische“, sagt Albinger. »Kommentar
Der Laden in der Eichgasse 8 hat montags bis samstags zwischen 9.30 und 12.30 Uhr sowie montags, dienstags, donnerstags und freitags zusätzlich zwischen 14 und 17.30 Uhr geöffnet. Es werden dort auch Kleiderspenden – auch Kinderkleidung für die Kleiderkam mer des BRK Zentrums – entgegenge nommen. Informationen auch unter der Telefonnummer 0906/ 29995093.
Man will Klasse statt Masse anbieten Der soziale Auftrag gehört einfach dazu