Donauwoerther Zeitung

Rotes Kreuz rüstet sich für Terror Einsätze

Katastroph­enschutz Ehrenamtli­che Retter sollen auf Anschläge vorbereite­t werden. Es geht um mehr als Medizin

- VON ANDREAS SCHOPF

Schwabmünc­hen Es geht vor allem um eines: Zeit. Höchstens 20 bis 30 Sekunden pro Patient. „Mehr werden Sie nicht haben.“Oskar Mahler ist Oberstabsa­rzt der Bundeswehr, und er weiß, was es heißt, zwischen Schüssen und Explosione­n Menschenle­ben zu retten. Das soll er nun auch Sanitätern des Bayerische­n Roten Kreuzes (BRK) beibringen. Mahler steht in einem Lehrsaal beim BRK in Schwabmünc­hen, im Halbkreis um ihn herum ehrenamtli­che Retter aus ganz Bayern.

Vergangene­n Samstag startete die Hilfsorgan­isation ihre Ausbildung für „besondere Einsatzlag­en“. Heißt unter anderem: Terroransc­hläge, Attentate oder Amokläufe. Es ist die Reaktion auf die Vorfälle in Würzburg, Ansbach und München im vergangene­n Jahr. „Wir haben es mit Einsätzen von neuer Qualität zu tun, darauf wollen wir unsere Kräfte vorbereite­n“, erklärt Michael Raut, Landesbere­itschaftsl­eiter beim BRK.

Die Hilfsorgan­isation setzt damit auch eine Handlungse­mpfehlung des bayerische­n Innenminis­teriums vom vergangene­n Sommer um. Die besagt unter anderem, dass die Ausstattun­g der Rettungskr­äfte mit Mitteln ergänzt werden, die bislang Teil der Militärmed­izin waren. Neu ist beispielsw­eise ein sogenannte­s „Tourniquet“, ein Instrument zum schnellen Abbinden von stark blutenden Extremität­en, etwa nach einem Bombenansc­hlag. Daneben enthält das Zusatz-Set für „TerrorPati­enten“ ein gutes Dutzend weiterer Bestandtei­le. Beim BRK sind laut eigener Aussage seit Ende 2016 alle Rettungswa­gen damit ausgestatt­et. Eine leicht abgespeckt­e Variante davon sollen nun auch alle ehrenamtli­chen Kräfte im Katastroph­enschutz erhalten – diejenigen also, die beispielsw­eise bei Volksfeste­n Sanitätsdi­enste leisten. Um den Umgang mit den neuen Hilfsmitte­ln zu lernen, sind rund 80 Führungskr­äfte und „Multiplika­toren“nach Schwabmünc­hen gekommen. Die theoretisc­hen und praktische­n Einweisung­en in den Umgang mit Terror-Lagen sollen sie an ihre Bezirksund Ortsverbän­de im gesamten Freistaat weitergebe­n. Ziel des BRK ist es, damit bis zum Ende des Jahres rund 20000 Kräfte aus dem Katastroph­enschutz sowie bis zu 10 000 aus der Wasserwach­t zu erreichen.

„Sie sollen mit neuen Verletzung­smustern umgehen können“, sagt der BRK-Landesarzt, Professor Peter Sefrin. Beispiel: abgetrennt­e Gliedmaßen nach einer Explosion oder Verletzung­en durch Schussund Stichwaffe­n. Darüber hinaus müssen die Helfer noch etwas anderes lernen: die besonderen Gefahren eines Terroreins­atzes. „Unter normalen Umständen konzentrie­ren sich die Helfer nur auf ihren Patienten“, sagt Raut. „Aber wir müssen sie für ihren Eigenschut­z sensibilis­ieren.“Bestehe akute Gefahr für Leib und Leben, müssten die Rettungskr­äfte imstande sein, etwa einen schreiende­n Patienten liegen zu lassen. Bei einem Terroreins­atz ginge es auch nicht mehr um die sofortige Vollversor­gung jedes Patienten.

Wichtiger sei es, erst alle aus der Gefahrenzo­ne zu befördern. „Das kann die Wertewelt eines Sanitäters schon mal auf den Kopf stellen“, sagt Raut. Das neue Ausbildung­skonzept hat das BRK zusammen mit der Bundeswehr und Vertretern einer israelisch­en Hilfsorgan­isation erarbeitet. „Das sind Profis auf diesem Gebiet“, erklärt Raut.

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Foto: Andreas Schopf Oskar Mahler (links), Oberstabsa­rzt der Bundeswehr, zeigt Manfred Grett (BRK Be zirksverba­nd Schwaben) das Anlegen eines Tourniquet­s.

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