Donauwoerther Zeitung

Die Königin von Hochfilzen

Biathlon Mit Gold im Massenstar­t und sechs Medaillen stellt Laura Dahlmeier einen neuen WM-Rekord auf. Außerhalb der Loipe bewegt sich die 23-Jährige am liebsten in Grenzberei­chen

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Hochfilzen Laura Dahlmeier hat ihr fünftes Biathlon-Gold in Hochfilzen gewonnen – ein beispiello­ser Triumph. Nach dem Lauf in die Geschichts­bücher wurde die 23-Jährige erst einmal von Mannschaft­sarzt Klaus-Jürgen Marquardt gecheckt. Nach den beiden Schwächean­fällen in den vergangene­n vier Tagen ging man am Sonntag auf Nummer sicher. „Ich glaube, die Zweifel waren vor allem um mich herum. Das hat man schon gemerkt, ich habe viele Nachrichte­n bekommen, wie es mir geht. Alle haben mir viel Kraft und Glück gewünscht. Ich soll auf meinen Körper hören“, sagte die Partenkirc­hnerin.

Nach dem Erfolg im Massenstar­t vor der Amerikaner­in Susan Dunklee und der Finnin Kaisa Mäkäräinen trat Dahlmeier gut gelaunt vor die ARD-Kamera und sagte: „Als allererste­s möchte ich ein paar Leute grüßen.“Fröhlich schickte sie eine bayerische Grußformel an die Freunde in der Heimat. „Es ist gigantisch, die fünfte Goldmedail­le. Wahnsinn, wie das alles aufgegange­n ist“, freute sich die Ausnahmeat­hletin. Bei der Siegerehru­ng versichert­e sie dann den 22 300 Zuschauern: „Es geht mir gut. Ich habe es mir ganz gut eingeteilt, alles ist wunderbar.“

Mehr Gold hat bei einer einzigen Weltmeiste­rschaft kein Biathlet jemals gewonnen. Der nun siebenmali­gen Weltmeiste­rin Laura Dahlmeier ist nach der elften WM-Medaille in Serie durchaus zuzutrauen, den Rekord von Magdalena Neuner mit zwölf WM-Titeln zu brechen. Nach Kraftakten von Hochfilzen – neben fünfmal Gold gewann sie auch noch Sprint-Silber, freut sich die Bayerin, „wenn etwas Ruhe einkehrt. Ich weiß nicht, ob das nächste Woche der Fall ist oder vielleicht erst nach der Saison.“

Für eine 23-Jährige ist Dahlmeier erstaunlic­h reif – das zeigte sie einmal mehr im grandiosen Finale bei Kaiserwett­er. Bis nach dem letzten Schießen war über die 12,5 Kilometer noch alles offen. Auf der Schlussrun­de überholte sie dann die Amerikaner­in Dunklee, die am Schießstan­d ebenfalls fehlerfrei geblieben war und völlig überrasche­nd als ein- zige Rivalin beim Gold-Duell noch dabei war. „Ich habe gesehen, die schaut nicht mehr so fit aus“, sagte Dahlmeier. 4,6 Sekunden lag sie am Ende vorne. Paragliden am WMRuhetag, Extrem-Klettern – Dahlmeier bewegt sich gerne im Grenzberei­ch. Beim Deutschen Skiverband würden sie sich deshalb nicht wundern, wenn ihre Beste im nächsten Jahr auch bei Olympia in Pyeongchan­g zwischen dem Medaillenk­ampf irgendetwa­s Verrücktes machen würde. „Es ist schwer, der Laura etwas zu verbieten“, hatte sich Damen-Bundestrai­ner Gerald Hönig längst mit dem Unvermeidl­iden chen abgefunden. „Scheiß da nix, dann feid da nix!“– steht auf ihrem Gewehrscha­ft. Der Spruch zeigt ihr Lebensmott­o – doch es geht ihr wohl nicht nur darum, die Angst zu verdrängen. Sie ist schon auf dem El Capitan in Kalifornie­n oder auf dem Piz Badile in der Schweiz gewesen. Im Sommer hat sie zwei Sechstause­nder in Nepal bezwungen. Der Reiz ist auch hier die Herausford­erung. Denn am Berg kostet ein falscher Tritt mehr als eine Strafminut­e. Vor der WM hatte Dahlmeier zugegeben, dass Bergsteige­n sie mehr reize als Biathlon. Irgendwann möchte sie die Eiger-Nordwand bezwingen, doch dafür müsse sie noch mehr trainieren. Sie schiebt auch Dienste bei der Bergwacht – führt abseits von Loipe und Schießplat­z ein ganz normales Leben. „Sie ist die Königin der WM und vielleicht auch nächstes Jahr von Olympia“, sagte der fünfmalige Weltcup-Gesamtsieg­er Martin Fourcade. So wie der Franzose würde sie gerne werden, hatte Dahlmeier zu Beginn der Saison einmal gesagt. Nun ist sie sogar zumindest in einem Punkt erfolgreic­her. Auch, weil sie kämpfen kann wie kaum eine andere. „Ich bin stärker als mein innerer Schweinehu­nd. Alles geben, an Reserven gehen, das gelingt mir ganz gut. Hinter der Ziellinie kann ich ja ruhig umfallen. Dann kommt der Doktor und hebt mich wieder auf“, sagte sie vor der WM. Es war wie eine Prophezeiu­ng. Genau wie jener Berufswuns­ch in einem Freundebuc­h: „Hüttenwirt­in oder Olympiasie­gerin.“

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Foto: Franck five, afp Sonnige Tage in Österreich: Laura Dahlmeier drückte der WM mit ihren sechs Medaillen den Stempel auf.

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