Die Grenzen der Konsequenz
Zwischen Tunesien und Afghanistan liegen nicht nur auf der Landkarte Welten – auch der Umgang mit abgelehnten Asylbewerbern aus beiden Staaten könnte unterschiedlicher kaum sein. Obwohl Tunesien ein vergleichsweise sicheres Land ist, werden Männer wie der Berliner Attentäter Anis Amri nicht abgeschoben: Mal fehlt es an den Papieren, mal am politischen Willen, mal bremst die Regierung in Tunis. In Afghanistan dagegen kontrollieren die Taliban noch immer weite Teile des Landes, doch weil die Regierung in Kabul kooperiert, ist es für deutsche Behörden vergleichsweise leicht, Afghanen wie gestern Abend per Sammeltransport wieder abzuschieben.
Das ist, einerseits, nur konsequent, weil ihre Asylanträge ja abgelehnt wurden. Gleichzeitig aber zeigt sich am Beispiel Afghanistan die ganze Widersprüchlichkeit unserer Flüchtlingspolitik. Etliche rot und grün regierte Länder weigern sich, Afghanen abzuschieben und schaffen so eine Art Zwei-Klassen-Gesellschaft im Asylrecht: Wer als Afghane in Berlin, Bremen oder Schleswig-Holstein lebt, darf bleiben. Wer in Bayern untergeschlüpft ist, muss gehen. Mit Föderalismus hat das nichts mehr zu tun. Allenfalls mit Parteipolitik.