Es beginnt mit guten Ideen
Vor Politikern wie dem Schwaben Gerd Müller sollte man Respekt haben, vor allem heutzutage. In Zeiten der oft ebenso blankgeschliffenen wie nichtssagenden Reden in vermeintlich korrektem Kaufmannsdeutsch spricht Müller in bodenständiger Akzentuierung auch Unbequemes an, das manchem nicht ins eigene Weltbild passt. Dabei sind dem Christsozialen als politischem Freigeist klassische LinksRechts-Schemata offensichtlich ziemlich wurscht. Löblich! Der einen Seite teilt Müller mit, dass die ein oder andere Mentalität, die in Afrika anzutreffen sei, Entwicklung massiv behindere – etwa der mitunter verbreitete Alkoholmissbrauch, teils auch mangelndes Verantwortungsbewusstsein für die Familie. Der anderen Seite verpasst er Watschen, indem er klar feststellt, dass oft die Profitgier und das diesbezügliche Investment ganzer Branchen zahlreiche Menschen in den armen Regionen nur weiter und auf neuen Wegen ausbeute – Stichwort: Textil- und teilweise auch die große Agrarindustrie. Der Gedanke, direkte seriöse und persönliche Kontakte vor Ort zu haben, sich zu besuchen und Vertrauen von Kommune zu Kommune aufzubauen, er erscheint folgerichtig. Korruption ist leider ein Krebsgeschwür in dieser Welt, nicht nur, aber vor allem eben in der südlichen Hemisphäre.
Nun mag so mancher die interkommunale Idee von Gerd Müller und Stefan Rößle belächeln, über direkte lokale Partnerschaften Krisenregionen zu stabilisieren und den Menschen vor Ort direkt zu helfen. Es ist leicht, Projekte kleinzureden und über das Wirken anderer zu spotten, wenn man selbst keine Verantwortung für andere tragen will. Die Konsequenzen dessen, wenn Krisenregionen und die Menschen sich selbst überlassen werden, sie konnte der aufmerksame Beobachter im Zuge der Flüchtlingskrise 2015 vor Ort erleben.
In der Tat gibt es mehrere gute Ideen, Notleidenden zu helfen. Will man das eigene Land und Volk nicht überfordern, erscheint die (ehrliche) Hilfe vor Ort als unabdingbar. Das ist kein naives Gutmenschentum, nein, es ist ebenso christliche Verpflichtung wie mittelund langfristige Realpolitik. Meinte man es nicht ehrlich mit den Menschen anderswo, sondern ließe sie allein oder einfach nur verrecken, so drohte in der Tat ein böses Erwachen. Insofern sprechen Gerd Müllers Bemühungen für eine sehr realpolitische Weitsicht.