Donauwoerther Zeitung

Streit um Höcke Rede zieht AfD nach unten

Hintergrun­d Ein Riss geht durch die „Alternativ­e“. Mit dem Thema Flüchtling­e kann die Partei immer weniger punkten

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Die AfD hat in den vergangene­n Wochen erheblich an Wählerguns­t verloren. Laut jüngsten Umfragen von Forsa oder ARDDeutsch­landtrend würde die Alternativ­e für Deutschlan­d derzeit nur noch acht bis elf Prozent der Stimmen erhalten, wenn am Sonntag Bundestags­wahl wäre. Ende Dezember waren es noch bis zu 15 Prozent gewesen.

Einigkeit herrscht in der rechtspopu­listischen Partei derzeit nur darüber, dass das Umfragetie­f mit der berüchtigt­en Dresdner Rede des Thüringer AfD-Chefs Björn Höcke zu tun hat. Nachdem Höcke in Dresden unter anderem das Holocaust-Mahnmal in Berlin als „Denkmal der Schande“bezeichnet und eine „erinnerung­spolitisch­e Wende um 180 Grad“gefordert hatte, streitet die Partei um ihr Verhältnis zum Rechtsradi­kalismus. Eine Mehrheit des AfD-Vorstands um die Vorsitzend­e Frauke Petry hat ein Parteiauss­chlussverf­ahren gegen Höcke angestreng­t. Doch maßgeblich­e AfD-Strippenzi­eher wie der CoVorsitze­nde Jörg Meuthen und der mächtige brandenbur­gische Landeschef Alexander Gauland halten zu Höcke. Erste Großspende­r sind laut Medienberi­chten aus Empörung über die rechtsextr­emen Entgleisun­gen Höckes abgesprung­en, jetzt fehlen der AfD 100000 Euro für den Bundestags­wahlkampf.

Beobachter glauben zudem, dass es im Streit um mehr geht als um die Frage, bis wie weit rechts das Spektrum der Partei reichen darf. Von einem erbitterte­n Machtkampf ist die Rede. Eine Spaltung hat die AfD in ihrer kurzen Geschichte aber schon hinter sich, eine zweite, so heißt es, würde die Partei kaum überstehen. Bei der Gründung 2013 ging es hauptsächl­ich um die Kritik an der Euro-Rettungspo­litik der Bundesregi­erung, für die die Wirtschaft­sexperten Hans-Olaf Henkel und Bernd Lucke standen. Doch nach monatelang­em Machtkampf gewann die nationalko­nservativ ausgericht­ete Strömung in der Partei die Oberhand. Seit 2015 bilden Frauke Petry und Jörg Meuthen die Parteispit­ze. Einig sind sie sich nicht, wie der Höcke-Streit zeigt.

Dass die verblieben­e AfD sich von den Querelen schnell erholte, lag am massiven Anstieg der Flüchtling­szahlen. Viele Bürger, die ihre politische Heimat im konservati­veren Teil der Union sahen, wurden zu AfD-Sympathisa­nten, weil sie Angela Merkels von Offenheit und Willkommen­skultur geprägte Flüchtling­spolitik ablehnten. Doch in diesen Kreisen ist Rechtsnati­onalismus, wie er sich in Höckes Dresdener Rede Bahn brach, verpönt. Gleichzeit­ig wird durchaus registrier­t, dass die Bundesregi­erung einen Kurswechse­l vollzogen hat. Je wirksamer es gelingt, den Zustrom von Flüchtling­en zu begrenzen, desto mehr schwindet für viele Bürger der Reiz der AfD. Die Ein-PunktePart­ei kann mit ihrem einzigen Punkt im Moment kaum noch punkten.

Dann ist da noch der Schulz-Effekt, der nicht nur die Grünen Sympathien kostet. Unter den AfD-Anhängern sind viele, die sich von der wirtschaft­lichen Entwicklun­g abgehängt und von den Sozialsyst­emen unzureiche­nd aufgefange­n fühlen. Nicht nur um die Kanzlerin zu stürzen, dürften manche nun auf Schulz setzen, im neuesten ARD-Deutschlan­dtrend überholt die SPD die Union mit 32 zu 31 Prozent.

Auch die derzeit gute Konjunktur scheint schlecht für die AfD: Rekord-Haushaltsü­berschuss und so viele Arbeitsplä­tze wie nie – die Anzeichen, dass das viel geschmähte System ja doch funktionie­rt, entziehen der Protestpar­tei ein weiteres Stück Nährboden. Für manche ihrer bisherigen Anhänger hat die AfD offenbar ihre Schuldigke­it getan.

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Foto: Candy Welz, dpa Die AfD hat sich in manchen Umfragen von 15 auf acht Prozent fast halbiert: In der Partei geben viele die Schuld dafür Rechtsauße­n Björn Höcke.

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