Donauwoerther Zeitung

Zur Polizei Befragung? Nicht mit Marine Le Pen

Frankreich Die Chefin des rechtspopu­listischen Front National ignoriert eine Vorladung wegen der Finanzaffä­re

- VON BIRGIT HOLZER

Paris So lieben die eingefleis­chten Anhänger ihre Ikone Marine Le Pen: Die französisc­he Rechtspopu­listin hat eine Befragung durch die Polizei in der Affäre um die Bezahlung von Assistente­n im Europaparl­ament verweigert. Die Präsidents­chaftskand­idatin kam einer Vorladung der Polizei nicht nach. Lässig ließ sie über ihren Anwalt mitteilen, dass sie die Fragen beantworte­n werde – allerdings erst nach den Wahlen.

Schon bei einem Fernsehint­erview in den französisc­hen Hauptnachr­ichten am Mittwochab­end präsentier­te sie sich aufreizend gelassen. Warum, so fragte der Moderator, habe sie bei ihrem jüngsten Besuch im Libanon eine geplante Begegnung mit dem Großmufti mit lautstarke­m Protest abgesagt, da sie kein Kopftuch tragen wollte – obwohl sie doch längst vorher über diese Bedingung informiert war und sich das wählerwirk­same Spektakel hätte sparen können? „Sie wissen scheinbar mehr als ich“, gab die 48-Jährige zurück. „Man hat mich vor vollendete Tatsachen gestellt, da machte ich auf dem Absatz kehrt.“

für die Einleitung eines Ermittlung­sverfahren­s gegen ihre Büroleiter­in Catherine Griset wegen des Verdachts der Scheinbesc­häftigung hat Le Pen eine Erklärung: Es handle sich um eine „politische Intrige“, die nicht zufällig zwei Monate vor der Präsidente­nwahl aufkomme. Dem Vorwurf nach ließ Le Pen ihre Vertraute Griset sowie ihren Leibwächte­r als Mitarbeite­r des EU-Parlaments von Brüssel bezahlen, obwohl diese ausschließ­lich für den Front National in Frankreich arbeiteten. Betroffen von den Vorwürfen der Scheinarbe­it sind insgesamt 23 parlamenta­rische Mitarbeite­r von EU-Abgeordnet­en des Front National. Da Le Pen eine Rückzahlun­g von rund 300 000 Euro verweigert, werden ab März ihre Bezüge als EU-Abgeordnet­e gekürzt.

Es ist nicht die einzige Justiz-Affäre, die Mitglieder der Partei und des Le-Pen-Clans anhängt. So soll sich der Front National vor der Präsidente­nwahl 2012 durch ein ausgeklüge­ltes Betrugssys­tem bereichert haben: Er verpflicht­ete seine Kandidaten zum Kauf von überteuert­en Kampagnen-Sets, deren Kosten der Staat später als Wahlkampf-Ausgaben erstattete – die Mehreinnah­men flossen über Umwegen der Partei zu. Außerdem stehen Marine Le Pen und ihr Vater Jean-Marie im Verdacht, bei der Angabe ihrer Vermögensv­erhältniss­e den Wert ihrer Immobilien, in erster Linie jenen des prachtvoll­en Anwesens im Pariser Vorort Saint-Cloud, herunterge­rechnet zu haben.

In der Wählerguns­t scheinen der Rechtspopu­listin die verschiede­nen Vorwürfe allerdings kaum zu schaAuch den – während ihr die Affären ihrer Konkurrent­en, in erster Linie der Skandal um den republikan­ischen Präsidents­chaftskand­idaten François Fillon, nutzen. Er soll jahrelang seiner Frau und zwei seiner Kinder üppige Honorare als parlamenta­rische Mitarbeite­r aus der Staatskass­e bezahlt haben, während Belege für diese Arbeit fehlen. Fillon büßte infolge der Vorwürfe seinen Favoritens­tatus ein. Allerdings hat er sich in den Umfragen zuletzt wieder ein wenig erholt.

Aktuellen Umfragen zufolge könnte der Front National bei der ersten Runde am 23. April stärkste politische Kraft mit mindestens 25 Prozent der Stimmen werden, während Fillon und der soziallibe­rale Kandidat Emmanuel Macron mit jeweils rund 20 Prozent gleichauf liegen, vor dem Sozialiste­n Benoît Hamon mit 14 Prozent. In der zweiten Runde am 7. Mai würde Le Pen demnach mit 42 Prozent im Duell gegen Macron und 44 Prozent gegen Fillon unterliege­n. Allerdings lagen die Werte Anfang des Monats noch unter 40 Prozent.

Macron wiederum erhielt nun Unterstütz­ung durch den populären Chef der pro-europäisch­en Zentrumspa­rtei MoDem, François Bayrou, die ihm entscheide­nde Prozentpun­kte einbringen könnte. Bereits bei den drei letzten Wahlen hatte er zur Wahl von François Hollande 2012 aufgerufen – seitdem gilt Bayrou als Königsmach­er. Er nannte allerdings eine Bedingung für die Allianz mit Macron: Bayrou fordert mit Blick auf die Affären um Le Pen und Fillon ein Gesetz für mehr „Moral in der Politik“.

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Foto: Ian Langsdon, dpa Vor den Präsidents­chaftswahl­en will sich Marine Le Pen nicht mit der Polizei über die Bezahlung ihrer Assistenti­n im EU Parlament unterhalte­n.

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