Donauwoerther Zeitung

Warum Österreich­er Deutsche nicht mögen

Studie Unsere Nachbarn halten sich für charmant und beliebt – und uns für das Gegenteil

- VON GIDEON ÖTINGER

Wien Der deutsche Wissenscha­ftler Thomas Köllen hat sich für die Wirtschaft­suniversit­ät Wien mit der Frage beschäftig­t, ob Deutsche, die in Österreich leben und arbeiten, mit Ressentime­nts zu kämpfen haben. Er erklärt, woher die Abgrenzung kommt.

In Ihrer Studie fallen Begriffe wie „Anti-Germanismu­s“oder der „arrogante Deutsche“. Warum mögen uns die Österreich­er nicht? Thomas Köllen: In einem Satz kann man sagen: Weil wir so was wie ihr Gegenbild sind.

Das Gegenbild? Köllen: Die Österreich­er sehen sich als charmant, selbstrela­tivierend, leise und beliebt. Das sind alles Adjektive, die sie den Deutschen nicht zuschreibe­n.

Woher kommt der Wille, sich von Deutschlan­d abzugrenze­n? Köllen: Wenn Sie das die Österreich­er fragen würden, würden die meisten das wohl gar nicht klar beantworte­n können. Dann würde gesagt werden, dass man es halt in die Wiege gelegt bekommen hat. Dass sie eben einfach gelernt haben, Deutschlan­d nicht zu mögen.

Sie haben untersucht, wie sich diese Abgrenzung im Berufsallt­ag der Deutschen, die in Österreich arbeiten, äußert. Wie denn? Köllen: Im Bild von „wir Österreich­er“, die diese positiven Attribute transporti­eren und „ihr, die Deutschen“. Wenn es dann am Arbeitspla­tz um scheinbar ganz alltäglich­e Dinge geht und Deutsche involviert sind, heißt es oft „wir“und „ihr“. Da reichen schon Kleinigkei­ten, um dann zu generalisi­eren. Mit dem Effekt, dass die Deutschen in diesem Moment abgewertet werden. Das kristallis­iert sich auch sehr stark in dem Begriff „Piefke“.

Das ist der Name, den Österreich­er Deutschen geben. Woher kommt er? Köllen: Schwer zu sagen, darüber gibt es verschiede­ne, unterschie­dliche Berichte. Das ist aber etwas, das viele Österreich­er selbst nicht genau wissen. Für sie ist es zweitrangi­g, weil sie ja wissen, was damit gemeint ist. Als Deutscher läuft man jedoch Gefahr, ihn als niedlicher oder positiver zu interpreti­eren, als er gemeint ist.

Wie haben die Deutschen, die sie befragt haben, auf solche Ausgrenzun­gen reagiert? Köllen: Es braucht eine gewisse Art von Leidensdru­ck, bis man sagt: „Okay, da ist was.“Dann kann man es auch nicht mehr mit alltäglich­en Erklärmust­ern wie „Ach, der ist halt so“– erklären. Es gibt durchaus auch welche, die weghören oder selber einen Scherz machen.

Aber geht es auch so weit, dass Deutsche Österreich wieder verlassen? Köllen: Ja klar, dafür gibt es ganz viele Beispiele. Wir haben die gleiche Studie auch in der Schweiz gemacht. Da kam heraus, dass die Deutschen, je länger sie dort lebten, ein positivere­s Bild von der Schweiz bekamen. In Österreich war es genau umgekehrt.

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