Donauwoerther Zeitung

Trocken reisen

Bahn Die Lokführer-Gewerkscha­ft will ein Alkoholver­bot im Speisewage­n

- VON MICHAEL POHL

Augsburg Über viele Jahrzehnte galten sie als Ausdruck der Bequemlich­keit und sogar des Luxus auf Schienen. Schon im 19. Jahrhunder­t reihten die Preußische oder die Königlich Bayerische Staatsbahn Speisewage­n in ihre Dampfzüge. Ab den Goldenen Zwanzigern schmückten rubinrote „Mitropa“-Speise- und Salonwagen den Fernverkeh­r.

Doch spätestens seit die einstige Deutsche Bundesbahn zur renditestr­ebenden AG umfirmiert wurde, ging es bergab mit der Esskultur. Dem hochfliege­nden Namen vom „Bordrestau­rant“zum Trotz. Als Tiefpunkt ließ der auf einen Börsengang fixierte Bahnchef Hartmut Mehdorn aus fabrikneue­n ICE-Zügen die Bestuhlung rausreißen: Die „Bordbistro­s“vermittelt­en nun Stehtisch-Charme wie Dittsches TV-Grillbude. So lockte bald die Heimreisen­den ein Feierabend­bier mehr als ein Mikrowelle­n-Imbiss.

Auch damit könnte bald Schluss sein. Zwar hat die Bahn ihr kulinarisc­hes Angebot wieder aufgerüste­t, doch nun bedroht der streiklust­ige Eisenbahne­r-Gewerkscha­ftsführer Claus Weselsky den Rest an Gemütlichk­eit. „Wir müssen den Alkoholaus­schank auf den Prüfstand stellen, aus Fürsorgepf­licht für unsere Mitarbeite­r“, regt der Chef der Lokomotivf­ührer-Gewerkscha­ft GDL ein generelles Alkoholver­bot an.

Denn in einer GDL-Umfrage gaben 83 Prozent der „Bordgastro­nomen“an, dass sie schon von Reisenden beleidigt wurden. Bei den Zugbegleit­ern sogar 96 Prozent. „Der Dienstleis­tungsgedan­ke, der den Kunden als König betrachtet, hat leider zu nachlassen­dem Respekt geführt“, klagt Weselsky. Die Bahn will am Bieraussch­ank festhalten.

 ?? Foto: Imago ?? Bieraussch­ank im „Bordbistro“
Foto: Imago Bieraussch­ank im „Bordbistro“

Newspapers in German

Newspapers from Germany